VG Potsdam 6. Kammer / Az.: VG 6 K 1454/14.A

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Im Falle des Antragstellers stand und steht nicht fest, dass eine Abschiebung nach Ungarn durchgeführt werden kann. Die Voraussetzungen des einschlägigen Rücknahmeabkommens sind nicht nachweisbar erfüllt. Gemäß Art. 4 des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Ungarn über die Rückübernahme/Rücknahme von Personen an der Grenze (Rückübernahmeabkommen) (BGBI II 1999, 90 ff.) übernimmt jede Vertragspartei auf Antrag der anderen Vertragspartei ohne besondere Formalitäten die Person, die nicht die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei besitzt (Drittstaatenangehöriger), wenn sie die im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei geltenden Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt nicht erfüllt und nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, dass die Person über einen gültigen durch die andere Vertragspartei ausgestellten Aufenthaltstitel verfügt. Gemäß Art. 4 Abs. 2 Rückübernahmeabkommen besteht die Rückübernahmeverpflichtung nicht gegenüber einem Drittstaatenangehörigen, der aus einem Staat gekommen ist, mit dem die ersuchendene Vertragspartei eine gemeinsame Grenze hat. Bereits aus diesem Grund erscheint es fraglich, ob die Bundesrepublik Deutschland nach dem Rückübernahmeabkommen den Antragsteller nach Ungarn abschieben darf, weil dieser augenscheinlich über Österreich in die Bundesrepublik  Deutschland eingereist ist. Gemäß Art 5 Abs. 1 Satz 1 muss der Antrag auf Übernahme innerhalb von vier Monaten nach Kenntnis der jeweiligen Behörden von der rechtswidrigen Einreise oder des rechtswidrigen Aufenthalts des Drittstaatenangehörigen gestellt werden. Auch hier ist fraglich, ob nicht durch das lange Zuwarten der Bundesrepublik Deutschland diese ihren Rücknahmeanspruch verloren hat. Die kontrollierte Übernahme des Drittstaatsangehörigen erfolgt gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 Rückübernahmeabkommen unverzüglich, längstens jedoch innerhalb einer Frist von drei Monaten, nachdem die ersuchte Vertragspartei der Übernahme zugestimmt hat. Jedenfalls an dieser Voraussetzung fehlt es offenkundig. Die Bundesrepublik Deutschland hat an die Republik Ungarn vor Erlass der Abschiebungsanordnung im angegriffenen Bescheid vom 13. Mai 2014 kein Übernahmeersuchen gerichtet. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Abschiebungsanordnung nicht vor, denn es steht nicht fest, dass eine Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn überhaupt durchgeführt werden kann.

Das Rückübernahmeabkommen steht hier zum Download zur Verfügung.