VG Wiesbaden 2. Kammer / Az.: 2 L 54/14.WI.A / Ungarn

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Der EGMR hat in zwei Entscheidungen […] keine Gefahr eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK bei einer Überstellung nach Ungarn gesehen. Dabei ist der Gerichtshof u.a. davon ausgegangen, dass es keine systematische Inhaftierung von Asylsuchenden mehr gebe, Verbesserungen bei den Haftbedingungen eingetreten seien und der UNHCR sich bisher nicht generell gegen Rücküberstellungen nach Ungarn ausgesprochen habe. Neuere Erkenntnisse begründen jedoch Zweifel daran, dass diese Einschätzung noch Bestand haben kann. So weist UNHCR in seiner Auskunft an das VG Düsseldorf vom 30.9.2014 darauf hin, dass praktisch alle Dublin-Rückkehrer inhaftiert würden. Offenbar gingen die ungarischen Behörden davon aus, dass diese untertauchten und die Entscheidungen in ihrem Verfahren nicht abwarten würden, da sie Ungarn ja schon einmal verlassen hätten.  Da Asylsuchende meist bereits traumatisierende Erfahrungen gemacht hätten, könne eine Inhaftierung sie mit besonderer Härte treffen. Pro Asyl schreibt in seiner in Kooperation mit dem ungarischen Helsinki-Komitee (HHC) erarbeiteten Stellungnahme an das VG Düsseldorf vom 31.10.2014, Dublin-Rückkehrer würden regelmäßig inhaftiert, allerdings würden nicht sämtliche Rückkehrer in Haft genommen. Zwar mag es zutreffen, dass die Haftgründe des ungarischen Rechts insofern überwiegend denjenigen der am 19.07.2013 in Kraft getretenen Richtlinie 2013/33/EU entsprechen. Allerdings lässt die Inhaftierungspraxis auf eine extrem weite und in Hinblick auf Art. 3 EMRK problematische Auslegung schließen. Dies wird auch durch die Auskunft von Pro Asyl unter Berufung auf das HHC belegt, der zufolge in der Mehrheit der Haftanordnungen auf Gründe verwiesen wird, die nicht unter die gesetzlich definierten Haftgründe fallen. Zudem wird die gerichtliche Überprüfung und Kontrolle der Haftgründe bzw. -verlängerungen in beiden Auskünften als mangelhaft dargestellt. Insbesondere gibt es danach offenbar keine einzelfallbezogene  Prüfung der Haftgründe und auch keine einzelfallbezogene Begründung der Entscheidungen. Hinzu kommt, dass lt. UNHCR (Auskunft vom 30.09.2014) und Pro Asyl (Auskunft vom 31.10.2014) eine effektive rechtliche Beratung für die Mehrheit der inhaftierten Asylsuchenden nicht verfügbar ist, obwohl diese gesetzlich vorgesehen sei. Von UNHCR (a.a.O.) wird ferner berichtet, dass inhaftierte Asylsuchende zu Terminen außerhalb der Hafteinrichtungen wie Strafgefangene in Handschellen und an einer Leine geführt würden. Dies alles lässt zumindest starke Zweifel daran aufkommen, ob die geschilderten Bedingungen, denen auch der Antragsteller wahrscheinlich ausgesetzt wäre, mit Art.  3 EMRK vereinbar sind oder ob sie nicht gegen die Menschenwürde verstoßen. Schließlich hat auch UNHCR in seiner Auskunft vom 30.9.2014 an das VG Bremen ausgeführt, aus der Tatsache, dass in einem UNHCR-Papier keine Äußerung enthalten sei, ob bestimmte Mängel einer Überstellung in den betreffenden Staat entgegenstünden, könne nicht geschlossen werden, dass UNHCR die Auffassung vertrete, es lägen keine einer solchen Überstellung entgegenstehenden Umstände vor bzw. könnten im Einzelfall nicht vorliegen.