Das Bundesverwaltungsgericht hat sich im Urteil D-7853/2015 1 vom 31. Mai 2017 mit Beschwerden gegen Nichteintretensverfügungen befasst, die eine Überstellung nach Ungarn beinhalten. Angesichts der bedeutenden Änderungen sowohl der rechtlichen als auch der tatsächlichen Umstände, die seit Sommer 2015 in Ungarn eingetreten sind, kommt das Gericht zum Schluss, dass die Beschwerden gutzuheissen und die Verfahren zur Ergänzung der Instruktion und zum Neuentscheid an das Staatssekretariat für Migration zurückzuweisen sind.
Ungarn war 2015 und anfangs 2016 mit einem bedeutenden Strom von Migranten konfrontiert und hat nach und nach Massnahmen getroffen, um die Zahl der Asylsuchenden auf seinem Staatsgebiet zu reduzieren. Die Errichtung eines Stacheldrahtzaunes an der ungarischen Grenze, die Schaffung von Unterkunftszentren in Transitzonen, der Einsatz der Armee zur Überwachung der Grenzen und die ab Juni 2015 durchgeführten Gesetzesänderungen haben den Zugang zum Asylverfahren zunehmend erschwert und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende verschlechtert.
Weiter erschwert wurden der Zugang zum Asylverfahren und die Aufnahme der Asylsuchenden in Ungarn insbesondere durch den ungarischen Rechtsakt T/13976 über „die Änderung mehrerer Gesetze zur Verschärfung des Asylverfahrens in der Überwachungszone der ungarischen Grenze“, der am 28. März 2017 rückwirkend in Kraft getreten ist. Gemäss diesen neuen Bestimmungen sollen Asylsuchende insbesondere entweder in geschlossenen Zentren in den Transitzonen der serbisch-ungarischen Grenze untergebracht oder in sogenannte „Prätransit“-Zonen in Serbien abgeschoben werden. Für Asylsuchende, die in Anwendung der Dublin-III-Verordnung nach Ungarn überstellt werden, ist nach wie vor völlig ungewiss, welches Regime gemäss dem erwähnten ungarischen Rechtsakt auf sie anwendbar sein wird.
Angesichts der zahlreichen Unsicherheiten, die diese neue Gesetzesänderung hinsichtlich des Verfahrenszugangs und der Aufnahmebedingungen mit sich gebracht hat, ist es dem Bundesverwaltungsgericht im derzeitigen Stand der Sache nicht möglich, die Fragen im Zusammenhang mit dem Vorliegen systemischer Schwachstellen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 der Dublin-III-Verordnung und der tatsächlichen Gefahren („real risk“), denen Asylsuchende bei einer Überstellung nach Ungarn ausgesetzt sein können, abschliessend zu beurteilen. Folglich hebt es die angefochtene Verfügung auf und weist die Sache zu neuem Entscheid an das Staatssekretariat für Migration zurück. Es obliegt der erstinstanzlichen Behörde, alle Tatsachenelemente zusammenzutragen, die zur Beurteilung der wesentlichen Fragen erforderlich sind und es ist nicht die Aufgabe der Beschwerdeinstanz, komplexe ergänzende Abklärungen vorzunehmen. Das Bundesverwaltungsgericht würde sonst mit einem Sachentscheid seine Zuständigkeit überschreiten und die betroffene Partei um den gesetzlich vorgesehenen Instanzenzug bringen.
Das Urteil ist endgültig und kann nicht beim Bundesgericht angefochten werden.