Archiv der Kategorie: Format

VG Köln 8. Kammer / Az. 8 L 2423/14.A

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Insbesondere ist derzeit nicht sichergestellt, das eine mögliche konkrete Gesundheitsgefährdung des Antragstellers durch die Abschiebung nach Malta hinreichend sicher ausgeschlossen ist […]. [H]ier [ist] zu beachten, dass der Antragsteller fachärztliche Bescheinigungen vorgelegt hat, nach denen er unter einer Lungentuberkulose und schweren depressiven Störungen leidet. Es bestehen hingegen keinerlei Anhaltspunkte, dass sich das Bundesamt vergewissert hat, dass der Antragsteller in Malta konkret Zugang zu einer diesbezüglich hinreichenden ärztlichen Versorgung hat.  Mit Blick auf die Auskunftslage zu Malta […] ist jedenfalls im Lichte des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) zu fordern, dass das Bundesamt die notwendigen Vorkehrungen trifft, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann. Dies kann gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft in Malta zur Verfügung stehen […]. Da dies vorliegend trotz konkreter Anhaltspunkte für Gesundheitsgefahren derzeit nicht gewährleistet ist, steht der Abschiebung des Antragstellers damit gegenwärtig der Schutz des Grundrechtes aus Art. 2 Abs. 1 GG entgegen.

Bordermonitoring.eu/Pro Asyl Stellungnahmen an VG Düsseldorf und VG München

In Kooperation mit Pro Asyl und dem Ungarischen Helsinki Komitee beantwortete Bordermonitoring. eu im Oktober 2014 Anfragen des VG Düsseldorf und des VG München. Die Stellungnahmen finden sich hier:

Antwort an das VG Düsseldorf

Antwort an das VG München

VG Potsdam 6. Kammer / Az.: VG 6 K 1454/14.A

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Im Falle des Antragstellers stand und steht nicht fest, dass eine Abschiebung nach Ungarn durchgeführt werden kann. Die Voraussetzungen des einschlägigen Rücknahmeabkommens sind nicht nachweisbar erfüllt. Gemäß Art. 4 des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Ungarn über die Rückübernahme/Rücknahme von Personen an der Grenze (Rückübernahmeabkommen) (BGBI II 1999, 90 ff.) übernimmt jede Vertragspartei auf Antrag der anderen Vertragspartei ohne besondere Formalitäten die Person, die nicht die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei besitzt (Drittstaatenangehöriger), wenn sie die im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei geltenden Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt nicht erfüllt und nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, dass die Person über einen gültigen durch die andere Vertragspartei ausgestellten Aufenthaltstitel verfügt. Gemäß Art. 4 Abs. 2 Rückübernahmeabkommen besteht die Rückübernahmeverpflichtung nicht gegenüber einem Drittstaatenangehörigen, der aus einem Staat gekommen ist, mit dem die ersuchendene Vertragspartei eine gemeinsame Grenze hat. Bereits aus diesem Grund erscheint es fraglich, ob die Bundesrepublik Deutschland nach dem Rückübernahmeabkommen den Antragsteller nach Ungarn abschieben darf, weil dieser augenscheinlich über Österreich in die Bundesrepublik  Deutschland eingereist ist. Gemäß Art 5 Abs. 1 Satz 1 muss der Antrag auf Übernahme innerhalb von vier Monaten nach Kenntnis der jeweiligen Behörden von der rechtswidrigen Einreise oder des rechtswidrigen Aufenthalts des Drittstaatenangehörigen gestellt werden. Auch hier ist fraglich, ob nicht durch das lange Zuwarten der Bundesrepublik Deutschland diese ihren Rücknahmeanspruch verloren hat. Die kontrollierte Übernahme des Drittstaatsangehörigen erfolgt gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 Rückübernahmeabkommen unverzüglich, längstens jedoch innerhalb einer Frist von drei Monaten, nachdem die ersuchte Vertragspartei der Übernahme zugestimmt hat. Jedenfalls an dieser Voraussetzung fehlt es offenkundig. Die Bundesrepublik Deutschland hat an die Republik Ungarn vor Erlass der Abschiebungsanordnung im angegriffenen Bescheid vom 13. Mai 2014 kein Übernahmeersuchen gerichtet. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Abschiebungsanordnung nicht vor, denn es steht nicht fest, dass eine Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn überhaupt durchgeführt werden kann.

Das Rückübernahmeabkommen steht hier zum Download zur Verfügung.

VG Stade 1. Kammer / Az.: 1 B 385/14

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Die den genannten Entscheidungen zu Grunde liegenden Erkenntnismittel werfen aber die Frage auf, ob diese Einschätzung auch für einen Schutzsuchenden gilt, der – wie der beinamputierte Antragsteller – körperlich beeinträchtigt ist. Die Klärung der Frage, ob der Antragsteller mit Rücksicht auf seine Behinderung im Falle der Überstellung nach Malta in eine mit Art. 4 GR-Charta und Art. 3 EMRK unvereinbare Situation geraten würde, ist dem Verfahren in der Hauptsache vorzubehalten.

VG Darmstadt 4. Kammer / Az.: 4 L 1867/13.DA.A

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Wenn die Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass die Lebensbedingungen auf Malta für junge, alleinstehende Männer akzeptabel seien, sich die Unterbringung in – teilweise allerdings provisorischen und überbelegten – Einrichtungen in den letzten drei Jahren augenfällig verbessert habe und Gründe für eine Annahme von systemischen Mängeln im maltesischen Asylverfahren nicht vorlägen, kann sich das Gericht dieser Sichtweise nicht anschließen. Ausgehend von den desolaten bis desaströsen Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge auf Malta in den Jahren bis etwa 2011 [Auflistung einer Reihe von Berichten], mag sich, wie die Antragsgegnerin meint, diese Situation seitdem verbessert haben. Gleichwohl ist die anscheinend noch weit entfernt von akzeptablen, d.h. solchen Zuständen, wie sie EU-weit als Mindeststandards, insbesondere grundrechtskonform einzustufen sind.

VG Braunschweig 7. Kammer / Az.: 7 B 185/13

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[I]m Einzellfall des Antragstellers [ist] zu berücksichtigen, dass dieser bereits einmal nach Malta zurückgeschoben wurde und er dabei nach seinem bisher nicht widerlegten Vortrag Umstände erlebt hat, die einer Aufklärung im Hauptsacheverfahren geboten erscheinen lassen. Der Antragsteller hat nämlich vorgetragen, dass er nach seiner Zurückschiebung nach Malta am 07.03.2013 dort bis Juli 2013 ohne jegliche gesundheitliche Versorgung und ohne soziale Unterstützung auf der Straße gelebt habe. Er habe im Flüchtlingscamp keine Aufnahme gefunden, weil die Verantwortlichen ihm den Zutritt zu dem Camp mit de rBegründung verweigert hätten, er habe dies vorher verlassen. Er sei obdachlos, ohne Aufenthaltserlaubnis, ohne Geld, ohne Arbeit ohne Arbeitserlaubnis und ohne gesundheitliche Versorgung geblieben. Er habe mit anderen Flüchtlingen in einem zerstörten Haus gelebt und dieses tagsüber verlassen müssen. Unregelmäßig habe er am Abend in der Kirche zu Essen finden können.

UNHCR’S POSITION ON THE DETENTION OF ASYLUM‐SEEKERS IN MALTA

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Despite consistent efforts by UNHCR and other entities over a number of years to influence positively Maltese legislation and practice, asylum-seekers who arrive in an irregular manner are still systematically and routinely detained, at times facing tough detention conditions in immigration detention facilities, some of which are lacking basic minimum standards in several respects.

EGMR / Az.: 55352/12

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Aus der Pressemitteilung des EGMR:

In today’s Chamber judgment in the case of Aden Ahmed v. Malta (application no. 55352/12), which is not final, the European Court of Human Rights held, unanimously, that there had been:

a violation of Article 3 (prohibition of inhuman or degrading treatment) of the European Convention on Human Rights; and,

a violation of Article 5 §§ 1 and 4 (right to liberty and security) of the Convention.

The case concerned a Somali national, Ms Ahmed, and her detention in Malta after entering the country irregularly, by boat, to seek asylum in February 2009. This is the first time the Court found a violation of Article 3 against Malta concerning immigration detention conditions. The Court was concerned about the conditions in which Ms Ahmed was detained in Lyster Barracks detention centre (Hal Far), notably the possible exposure of detainees to cold conditions, the lack of female staff in the detention centre, a complete lack of access to open air and exercise for periods of up to three months, an inadequate diet, and the particular vulnerability of Ms Ahmed due to her fragile health and personal emotional circumstances. Taken as a whole, those conditions, in which she had lived for 14 and a
half months as a detained immigrant, amounted to degrading treatment. Moreover, deportation proceedings were not in progress while Ms Ahmed was being detained and the Maltese authorities had taken no steps whatsoever to remove her, so her continued detention for 14 and half months was therefore unlawful. The Court also found that the domestic remedies in Malta had not provided Ms Ahmed with a speedy review of the lawfulness of her detention.