VG Hannover / AZ.: 7B 387 / 17 / Bulgarien

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 […] Darüber hinaus hat der Einzelrichter der 6. Kammer des VG Hannover mit Urteil vom 11.11.2016 – 6 A 6144/15 – (Entscheidungsabdruck S. 4ff.) aktuell ausgeführt:[

„Nach Auffassung des Gerichts gibt es im Sinne von Art 3 Abs. 2 Dublin-III-VO wesentliche Gründe für die Annahme systemischer Schwachstellen hinsichtlich der Asylverfahren und der Aufnahmebedingungen für Antragssteller in Bulgarien, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta mit sich bringen.

Eine systematisch begründete, ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta liegt vor, wenn mit Blick auf das Gewicht und Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieses Grundrechts mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit eine reale, nämlich nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass dem Betroffenen in dem Mitgliedsstaat, in den er überstellt werden soll, entweder schon der Zugang zu einem Asylverfahren, welches nicht mit grundlegenden Mängeln behaftet ist, verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet oder dass er während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A -, juris). Sind in diesem Zusammenhang bestimmte Anforderungen in EU-Richtlinien festgelegt worden, kann sich (konkretisierend) auch daraus der im Sinne der angesprochenen Artikel für ein menschenwürdiges Dasein einzuhaltende Maßsstab ergeben, soweit es sich dabei erkennbar um Mindestanforderungen handelt. Hieran muss sich dann nicht nur der Inhalt nationaler Rechtsvorschriften, sondern auch und gerade die praktische Umsetzung messen lassen (vgl. OVG NRW, a.a.O.).

Hinzukommen muss immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte Schwachstellen festgestellt werden können, wenn sich diese nicht auf den Antragssteller auswirken können (VGH Mannheim, Urteil vom 1. April 2015 – A 11 S 106/15 -, juris).

Nach diesem Maßsstab ist gegenwärtig aufgrund der dem Gericht zugrunde liegenden Erkenntnismittel von systemischen Mängeln im Asylsystem Bulgarien auszugehen. Denn die Kamer geht davon aus, dass in Bulgarien derzeit die reale Gefahr besteht, dass der Kläger in seinem subjektiven Recht auf Sachprüfung seines Asylantrags nach Art. 18 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO verletzt wird und dadurch die Geltendmachung seines Asylrechts vereitelt wird. […]