Archiv der Kategorie: Familienstand

VGH München / Az.: 9 B 17.50039 / Ungarn

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Analog: VGH München, Beschluss v. 23.01.2018 – 20 B 16.50073

19. Der 13a. Senat des Verwaltungsgerichtshofs hat hierzu in seinem Urteil vom 23. März 2017 (Az. 13a B 17.50003 – juris Rn. 24 ff.) ausgeführt, dass er auf Grundlage des vorliegenden Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern sowie von Dublin-Rückkehrern zu der Überzeugung gelangt ist, dass bei diesen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Fall einer Überstellung/Abschiebung nach Ungarn ernsthaft zu befürchten ist und dies wie folgt begründet:


20. „a) Das ergibt sich aus der dortigen (gesetzlichen) Entwicklung in den letzten Jahren. Nach der am 1. Juli 2013 in Kraft getretenen Änderung des Asylgesetzes, die die Möglichkeit einer Inhaftierung von Asylbewerbern vorsah, kam es ab Sommer 2015 zu weiteren Gesetzesänderungen betreffend unter anderem die Einführung eines beschleunigten Verfahrens, den Rechtsschutz und die Inhaftierung sowie die Aufnahme von Serbien in eine nationale Liste sicherer Drittstaaten mit der Folge der Unzulässigkeit von Asylanträgen bei Einreise über Serbien (UNHCR, Hungary: As a Country of Asylum, Mai 2016 – UNHCR Mai 2016; Hungarian Helsinki Committee, Information Note v. 7.8.2015: Changes to Hungarian asylum law jeopardise access to protection in Hungary – HHC 7.8.2015; AIDA – Asylum Information Database, Country-Report: Hungary v. November 2015 – aida November 2015; Third Party Intervention by the Council of Europe Commissioner for Human Rights, Applications No. 44825/15 und 44944/15 v. 17.12.2015 – CHR). Im September 2015 wurde mit der Errichtung von Grenzzäunen zu Serbien und Kroatien ein Grenzverfahren in dort eingerichteten Transitzonen etabliert (UNHCR Mai 2016; aida November 2015; CHR). Im Fall von Unzulässigkeit und im beschleunigten Verfahren ist vom Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft (OIN) innerhalb von 15 Tagen zu entscheiden, im regulären Verfahren innerhalb von zwei Monaten (aida November 2015, S. 12; CHR). Die Rechtsmittelfrist gegen Unzulässigkeitsentscheidungen des OIN bzw. gegen Entscheidungen im beschleunigten Verfahren beträgt drei Tage, im Standardverfahren acht Tage (UNHCR Mai 2016, S. 10; HHC 7.8.2015; aida November 2015, S. 21 ff.). Unter Beibehaltung der im Juli 2013 eingeführten Asylhaft im Allgemeinen wurde die zulässige Haftdauer für Grenzankömmlinge ohne Papiere auf 24 statt bisher 12 Stunden heraufgesetzt und die Haftanordnung im Dublin-Verfahren erleichtert. Im Allgemeinen kann Asylhaft erstmalig maximal für 72 Stunden sowie aufgrund eines Verlängerungsantrags um maximal 60 Tage aus im Einzelnen genannten Gründen angeordnet werden, insbesondere bei unklarer Identität und Gefahr des Untertauchens. Zuvor ist zu prüfen, ob ein milderes Mittel zur Anwendung kommen kann (Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Regensburg v. 27.1.2016: Rücküberstellungen nach Ungarn im Rahmen des Dublin-Verfahrens – AA 27.1.2016). Die maximale Dauer der Asylhaft beträgt 6 Monate, bei Folgeanträgen 12 Monate und bei Familien mit Kindern 1 Monat (AA 27.1.2016; aida November 2015, S. 63). Die bisher verpflichtende Platzgröße für die Asylhaft wurde in eine Empfehlung umgewandelt, die so weit wie möglich einzuhalten ist. Ferner kann OIN Asylantragsteller ohne Dokumente verpflichten, ihr Heimatland zu kontaktieren (HHC 7.8.2015; CHR).


21. Dublin-Rückkehrer, über deren Erstantrag bei Rückkehr noch nicht entschieden wurde, werden als Erstantragsteller behandelt (AA 27.1.2016). Grundsätzlich hat die Asylbehörde in Fällen, in denen Asylantragsteller während eines laufenden Asylverfahrens in einen Mitgliedstaat weiterreisen, in jedem Verfahrensstadium die Möglichkeit, entweder auf Basis der zur Verfügung stehenden Informationen eine Sachentscheidung zu treffen oder aber das Asylverfahren einzustellen. Regelmäßig wird das Asylverfahren ohne Entscheidung in der Sache eingestellt (AA 27.1.2016; aida November 2015, S. 21 ff.). Die Wiederaufnahme des Verfahrens kann bis zu neun Monate nach Einstellung des Verfahrens beantragt werden (UNHCR Mai 2016, S. 20; AA 27.1.2016). Danach wird die Einstellung endgültig und der Asylbewerber wird wie ein Folgeantragsteller behandelt, wobei Änderungen dergestalt in Planung seien, dass der Asylantrag auch in diesem Fall vollumfänglich geprüft werde (AA 27.1.2016).


22. b) Angesichts dieser Ausgangslage, die nach dem vorliegenden Erkenntnismaterial ab dem Jahr 2013 bis zum jetzigen Zeitpunkt durch eine fortschreitende (gesetzliche) Intensivierung und Verschärfung gekennzeichnet ist, besteht für die Kläger insbesondere die Gefahr, in Ungarn ohne ausreichende gesetzmäßige Anordnung und ohne effektive Rechtsschutzmöglichkeiten inhaftiert zu werden.

23. Die Anordnung der Asylhaft ist schon nach den gesetzlichen Vorgaben in großem Umfang zulässig. Danach kann Asylhaft angeordnet werden 1. bei unklarer Identität oder Staatsangehörigkeit, 2. bei Ausländern, die sich im Ausweisungsverfahren befinden und einen Asylantrag stellen, obwohl sie diesen zweifelsfrei bereits zuvor hätten stellen können oder um eine drohende Aufenthaltsbeendigung zu verzögern oder abzuwenden, 3. wenn der Sachverhalt des Asylbegehrens aufgeklärt werden muss und eine Aufklärung nicht ohne Haft möglich ist, speziell wenn die Gefahr des Untertauchens besteht, 4. wenn der Asylbewerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, 5. wenn der Asylantrag im Flughafenbereich gestellt wurde oder 6. zur Sicherstellung der Durchführung des Dublin-Verfahrens, wenn die ernsthafte Gefahr des Untertauchens besteht (AA 27.1.2016). Diese Formulierung der Haftgründe ist sehr weit gefasst und lässt damit Raum für eine weitreichende Inhaftierung von Asylbewerbern (siehe auch UNHCR, Stellungnahme an das VG Düsseldorf v. 30.9.2014: Situation der Flüchtlinge und Asylsuchenden in Ungarn, insbesondere Dublin-Rückkehrer und Inhaftierungen – UNHCR 30.9.2014; Pro Asyl, Stellungnahme an das VG Düsseldorf vom 31.10.2014: Haftsituation von Asylbewerbern in Ungarn – Pro Asyl 31.10.2014; aida November 2015, S. 59 ff.).

24. Auch die tatsächliche Praxis der Inhaftierung in Ungarn wird schon länger in vielen Punkten erheblich kritisiert. So solle das OIN vor einer Haftanordnung zwar prüfen, ob Alternativen zur Haft bestünden, aber nach Auskunft des Hungarian Helsinki Committee und Pro Asyl (Brief Information Note for the Seminar on the Right to Asylum in Europe, Barcelona, 9.-10.6.2016: The Reception Infrastructure for Asylum-Seekers in Hungary – HHC Juni 2016; Pro Asyl 31.10.2014) werde hiervon nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht; Verlängerungen würden automatisch für den Höchstzeitraum beantragt und die Haftanordnungen seien nicht individualisiert (UNHCR 30.9.2014; Pro Asyl 31.10.2014). Kritisch angemerkt wird dabei ferner, dass es in „Asylhaft“-Einrichtungen des OIN praktisch kein ausgebildetes Personal gebe; Sozialarbeiter erhielten nur Zugang unter Begleitung einer bewaffneten Wache. Auch wenn sich die Inhaftierten zwischen 6.00 und 23.00 Uhr innerhalb der Hafteinrichtungen frei bewegen könnten (Pro Asyl 31.10.2014) und es in der polizeilichen „Einwanderungshaft“ für Folgeantragsteller ausgebildetes Bewachungspersonal gebe (UNHCR 30.9.2014), wird festgestellt, dass Asylbewerber bei etwaigen Behördengängen und Gerichtsterminen wie im Strafverfahren gefesselt und mit Handschellen vorgeführt würden (aida November 2015, S. 65; CHR). Weiter wird kritisiert, dass die Inhaftierungsquote ab dem Jahr 2013 kontinuierlich angestiegen sei. Während in einer Auskunft des Auswärtigen Amts vom 3. Juli 2015 an das Verwaltungsgericht Hannover (AA 3.7.2015) noch angegeben wurde, dass im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Mai 2015 2,1% aller Asylantragsteller und 6 bis 10% der Dublin-Rückkehrer in Asylhaft genommen worden seien, komme es in der Praxis nach Auskunft von aida (November 2015, S. 62) und CHR sehr häufig zu Inhaftierungen und entgegen der gesetzlichen Regelung seit September 2014 auch bei Familien mit Kindern, die unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von Gesetzes wegen als schwerwiegendstes Mittel bis zu 30 Tage inhaftiert werden könnten. UNHCR kann jedoch nicht bestätigen, dass die Haft nur unter dieser Voraussetzung stattfindet (UNHCR 30.9.2014). Pro Asyl gibt vielmehr an, dass OIN ab September 2014 Familien verstärkt inhaftiert habe (Pro Asyl 31.10.2014). Anlässlich seines Besuchs vom 24. bis 27. November 2015 wurde dem CHR von OIN mitgeteilt, dass sich derzeit 525 Asylantragsteller in offenen Aufnahmeeinrichtungen befänden und 412, mithin ca. 44%, inhaftiert seien. Anfang November 2015 soll die Inhaftierungsquote CHR zufolge sogar 52% gegenüber 11% im Jahr 2014 betragen haben (siehe auch HHC v. Juni 2016). Zudem scheint sich nach Auffassung der genannten Organisationen der ungenügende Gebrauch von Haftalternativen fortzusetzen. Auch das Problem der willkürlichen Inhaftierung sei weiterhin akut. Nach Auskunft von HHC waren am 30. Mai 2016 insgesamt 702 Asylbewerber in Haft, 1.583 in offenen Aufnahmeeinrichtungen. Zuletzt meldete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (Kurzinformation Ungarn v. 14.12.2016: Zentrum Bicske geschlossen – BFA 14.12.2016), dass im Dezember 2016 nach offiziellen Zahlen 192 Migranten in offener und 301 in geschlossener Unterbringung aufhältig waren. Zur Haftdauer berichtet Pro Asyl in Zusammenarbeit mit dem HHC, das wiederum eine Anfrage an OIN richtete, dass die durchschnittliche Haftdauer im Zeitraum vom 1.7.2013 bis 31. August 2014 dem OIN zufolge zwar „nur“ 32 Tage betragen habe, nach den eigenen Einschätzungen und einer Untersuchung des HHC allerdings deutlich länger sei. Die Diskrepanz beruhe auf vermutlich darauf, dass OIN nicht nur die Zeit von Inhaftierungen einrechne, sondern auch diejenigen Fälle ohne jegliche Inhaftierung.


25. Schließlich wies HHC im Juni 2016 nochmals ausdrücklich darauf hin, dass Ungarn einer der wenigen Staaten in Europa sei, in dem Asylerstantragsteller in der Regel für mehrere Monate inhaftiert würden (HHC Juni 2016). Dublin-Rückkehrer würden in der Praxis regelmäßig inhaftiert (so auch UNHCR 30.9.2014; Pro Asyl 31.10.2014; CHR). Diese Haft werde als „Asylhaft“, nicht als „Abschiebehaft“ oder „Einwanderungshaft“ verhängt (UNHCR 30.9.2014). Auch das Auswärtige Amt (AA 3.7.2015) gibt an, dass die Wahrscheinlichkeit, in Haft genommen zu werden, im ersten Halbjahr 2015 für Dublin-Rückkehrer gegenüber Neuankömmlingen erhöht gewesen sei.


26. Zudem lässt sich den Erkenntnisquellen nicht entnehmen, dass ein effektiver Rechtsschutz existieren würde. Insbesondere bestehen für das OIN und auch die Gerichte sehr restriktive Fristenregelungen zur Entscheidung. Diese sind nicht ausreichend, um die Durchführung eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu gewährleisten. Bei Fristen im Tagebereich wie dargestellt können die unverzichtbaren Anforderungen an ein solches Verfahren einschließlich Dolmetscher, Anhörung, (individualisierter) Herkunftslandinformationen etc. nicht eingehalten werden (siehe hierzu HHC 7.8.2015; aida November 2015; CHR). Gleiches gilt für die Rechtsmittelfristen (siehe auch aida November 2015; CHR). Weiter gibt es zwar de iure Zugang zu Rechtsberatung, in der Praxis ist diese aber den Auskünften zufolge mangels entsprechender staatlicher Finanzierung nicht verfügbar (UNHCR 30.9.2014). Soweit überhaupt staatliche Anwälte bestellt seien, agierten diese passiv (Pro Asyl 31.10.2014; aida November 2015). Tatsächlich gebe es damit nur Zugang zu den (Vertrags-)Anwälten des HHC, so dass nur eine Minderheit anwaltliche Vertretung erhalte (Pro Asyl 31.10.2014). Außerdem ist gegen die Verhängung von „Asylhaft“ kein gesetzlicher Rechtsbehelf vorgesehen, sondern nur eine sogenannte „Einspruchsmöglichkeit“. Nach den Informationen von UNHCR werde aber auch hiervon aus Unkenntnis kein Gebrauch gemacht (UNHCR 30.9.2014). Gegen die „Einwanderungshaft“ gebe es ebenfalls keinen Rechtsbehelf, nur eine automatische Überprüfung (UNHCR 30.9.2014). Die gerichtliche Haftüberprüfung erfolge in einem „automatisierten“ Prozess alle 60 Tage durch dieselben (Straf-)Richter, die die Erstprüfung durchgeführt hätten (UNHCR 30.9.2014; Pro Asyl 31.10.2014; aida November 2015, S. 67 ff.). In der täglichen Praxis würden Entscheidungen für 5 bis 15 Häftlinge innerhalb von 30 Minuten gefällt, ohne dass eine individuelle Prüfung erfolgen könne (UNHCR 30.9.2014; Pro Asyl 31.10.2014). Schon im Jahr 2012 habe der Oberste Gerichtshof (Kuria) eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die 8.000 Entscheidungen analysiert habe, von denen nur in drei Fällen keine Haftverlängerung erfolgt sei (UNHCR 30.9.2014). Die Asylarbeitsgruppe am Obersten Gerichtshof bestätigte im Oktober 2014, dass die gerichtliche Überprüfung der Asylhaft wirkungslos sei (aida November 2015, S. 67 ff.). Die Entscheidungen seien schematisch, das Verfahren nicht individualisiert und es erfolge keine Überprüfung, ob die Haft das einzige Mittel sei. Seit der Beanstandung durch die Kuria habe sich aber in der Praxis nichts geändert (aida November 2015, S. 67 ff.). Angesichts dieser gravierenden Missstände kann der Rechtsschutz damit insgesamt gesehen nicht mehr als wirksam bezeichnet werden.


27. Die Bewertung dieser Erkenntnisse ist insofern mit Schwierigkeiten verbunden, als jeweils nur punktuelle Angaben gemacht, wie etwa zu bestimmten Zeiträumen oder zu den betroffenen Gruppen, und keine statistisch aufbereiteten Daten für die Jahre 2014, 2015 und 2016 genannt werden zur (Gesamt-)Anzahl der Asylanträge in Ungarn, zur Anzahl der Dublin-Rückkehrer und zu den Verhältnissen in der Transitzone sowie dem jeweiligen Anteil an Inhaftierungen. Das kann wohl kaum darin begründet sein, dass keine offiziellen statistischen Informationen vorlägen, etwa ob Dublin-Rückkehrer regelmäßig oder ausnahmsweise inhaftiert werden, wie das Auswärtige Amt angibt (AA 27.1.2016). Denn das widerspräche zum einen dessen eigener Aussage in der Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover (AA 3.7.2015), wonach im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Mai 2015 6 bis 10% der Dublin-Rückkehrer in Asylhaft genommen worden seien. Zum anderen wurde dem CHR im November 2015 von OIN mitgeteilt, dass es zu diesem Zeitpunkt eine allgemeine Inhaftierungsquote von ca. 44% gegeben habe und von den in diesem Jahr durchgeführten 1.338 Dublin-Überstellungen 332 Rückkehrer in Asylhaft genommen worden seien, also ca. 25%. Auch wenn hiermit keine übergreifende Aussage getroffen wird, die Angaben zur Inhaftierungsquote sehr differieren und nicht zu erkennen ist, inwieweit sich die statistischen Ausgangsdaten decken, lässt sich in der Zusammenschau mit den weiteren Angaben, insbesondere des Hungarian Helsinki Committee (Hungary: Key Asylum Figures as of 1 September 2016 – HHC 1.9.2016: am 29.8.2016 waren 233 von 707 Asylbewerbern in Haft) und des österreichischen Bundesamts für Asylwesen (BFA 14.12.2016: im Dezember 2016 waren 192 Migranten in offener und 301 in geschlossener Unterbringung aufhältig), dennoch ein Gesamtbild entnehmen. Die vorliegenden Erkenntnisse zeigen deutlich, dass die Inhaftierung von Asylbewerbern in Ungarn weit verbreitet ist. Es tritt klar zu Tage, dass die gesetzlichen Vorgaben eine weitreichende Anordnung von Haft ermöglichen und sie auch in der praktischen Handhabung in beachtlichem Umfang stattfindet. Da zudem die Anordnung der Haft schematisch und ohne Einzelfallprüfung erfolgt und eine gerichtliche Überprüfung faktisch nicht stattfindet, muss davon ausgegangen werden, dass Dublin-Rückkehrer wie die Kläger im Fall ihrer Überstellung nach Ungarn einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn von Art. 3 EMRK ausgesetzt wären. Diese Einschätzung wird auch bestätigt durch deren unbestrittenen Angaben, dass sie in Ungarn bereits inhaftiert gewesen seien.


28. c) Ein weiterer Grund für die Annahme, dass das Asylverfahren in Ungarn systemische Schwachstellen aufweist, die zu einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung führen, ist die ernsthafte Gefahr eines Verstoßes gegen das Refoulement-Verbot des Art. 33 Abs. 1 GFK. Im Fall einer Rückführung nach Ungarn würde die Abschiebung nach Serbien drohen. Neben den bereits erwähnten Gesetzesänderungen wurde im Juli 2015 eine nationale Liste von sicheren Drittstaaten, zu denen aus ungarischer Sicht auch Serbien gehört, aufgestellt (UNHCR Mai 2016, S. 15 ff.; HHC 7.8.2015; aida November 2015, S. 43 ff.; CHR). Das widerspricht dem europarechtlichen Konzept des sicheren Drittstaats, der Position von UNHCR und steht auch im Widerspruch zum Leitfaden des ungarischen Obersten Gerichtshofs. Mit der Gesetzesänderung wird das OIN ermächtigt, ohne inhaltliche Überprüfung des Asylbegehrens alle Anträge von Asylbewerbern abzulehnen, die durch einen solchen sicheren Drittstaat gekommen sind. Die Betroffenen werden dabei zwar informiert, dass ein Dublin-Verfahren eingeleitet wird, aber nicht mehr über die weiteren Verfahrensschritte. Sie bekommen die Unzulässigkeitsentscheidung zwar mündlich in einer ihnen verständlichen Sprache mitgeteilt, nicht aber eine schriftliche Übersetzung (aida November 2015, S. 23). Erschwerend kommt hinzu, dass es gegen die Entscheidung des OIN faktisch kaum Rechtsschutz gibt. Zwar kann gegen die Entscheidung des OIN unter bestimmten Voraussetzungen und mit inhaltlichen Vorgaben ein Rechtsmittel eingelegt werden, jedoch beträgt die Frist hierfür, wie bereits dargelegt, nur drei Tage bzw. nach einer weiteren Gesetzesänderung im September 2015 sieben Tage (UNHCR Mai 2016, S. 18; aida November 2015, S. 25-27). In dieser kurzen Zeitspanne kann weder ein Rechtsbeistand erlangt noch ein substantiierter Rechtsbehelf erhoben werden, zumal die lückenhafte Information der Asylantragsteller und Verständigungsschwierigkeiten noch berücksichtigt werden müssen. Die gerichtliche Überprüfung einer Unzulässigkeitsentscheidung muss innerhalb von acht Tagen nach dem Antrag auf Überprüfung erfolgen; ein Anhörungsrecht des Asylsuchenden besteht nicht (UNHCR Mai 2016, S. 18; aida November 2015, S. 25-27). Selbst wenn eine gerichtliche Entscheidung erlangt werden kann, wird diese vom OIN entweder gar nicht, verspätet oder sehr zögerlich umgesetzt (UNHCR Mai 2016, S. 18)

29. Im Ergebnis würde damit eine quasi automatische Zurückweisung ohne inhaltliche Überprüfung der Schutzbedürftigkeit stattfinden mit der Folge einer unverzüglichen Abschiebung nach Serbien, wo derzeit kein Schutz verfügbar ist und zudem die Gefahr einer Kettenabschiebung unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot besteht (siehe aida November 2015, S. 45; HHC 7.8.2015). Die Regelung findet auch auf Dublin-Rückkehrer Anwendung, die vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung am 1. August 2015 über Serbien als – aus ungarischer Sicht – sicherem Drittstaat eingereist sind (aida November 2015, S. 24). Damit wären auch die Kläger der Gefahr einer Rückführung nach Serbien ausgesetzt, ohne dass sie vorher angehört würden oder dass ein wirksamer Rechtsschutz gegen die Entscheidung des OIN zur Verfügung stünde (aida November 2015, S. 24 ff.).

30. Die dargestellte Gesetzesänderung entzieht dem Einwand der Beklagten, gegenwärtig bestehe keine reale und durch Tatsachen belegte Gefahr, dass Schutzsuchende bei einer Rücküberstellung nach Ungarn einem indirekten Verstoß gegen das Refoulement-Verbot ausgesetzt sein könnten, den Boden. Unstreitig lässt die Gesetzeslage in Ungarn jedenfalls die Abschiebung nach Serbien ohne jegliche inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens zu. Inwieweit Serbien tatsächlich die Übernahme von Drittstaatsangehörigen aus Ungarn ablehnt, bleibt dabei insoweit ohne Bedeutung, als das OIN vom Gesetzgeber zur sofortigen Abschiebung ermächtigt wurde. Zwar mag diese im Einzelfall mangels Nachweis, dass die Betroffenen tatsächlich über Serbien eingereist sind, oder weil zwischen dem Grenzübertritt von Serbien nach Ungarn und dem Antrag auf Rückübernahme mehr als ein Jahr verstrichen ist (AA 27.1.2016) tatsächlich nicht durchgeführt werden können. Das vermag aber an der gesetzlichen Zulässigkeit einer Abschiebung nichts zu ändern. Zudem finden den Erkenntnisquellen zufolge durchaus Rückübernahmen statt, auch wenn Serbien nur unter bestimmten Voraussetzungen zustimmt. So wurden im Zeitraum von Januar bis Mai 2016 in der Praxis pro Woche durchschnittlich zwei Personen rückübernommen (UNHCR Mai 2016). Allein die Tatsache, dass es sich hierbei nicht um eine exorbitante Größenordnung handeln mag, rechtfertigt die Verneinung einer realen Gefahr nicht (in diesem Sinn auch zu § 34a AsylG: OVG SH, B.v. 21.11.2016 – 2 LA 111/16 – juris). Das übersieht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (U.v. 13.12.2016 – 3 K 509.15 A – juris), in der nur darauf abgestellt wird, dass Serbien die Übernahmeersuchen Ungarns formal ablehne. Angesichts der tatsächlich stattfindenden Abschiebungen und der dargestellten gesetzlichen Zulässigkeit bestehen vielmehr erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass ohne inhaltliche Prüfung von Asylanträgen eine Abschiebung nach Serbien erfolgen könnte. Wenn die Beklagte demgegenüber unter Berufung auf das Verwaltungsgericht Berlin der Auffassung ist, dass vorliegend ausnahmsweise kein Risiko bestehen sollte, unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot von Ungarn nach Serbien abgeschoben zu werden, wäre es ihre Aufgabe, die Gründe hierfür näher darzulegen. Das ist nicht geschehen“

31. Der erkennende Senat schließt sich unter Einbeziehung der aktualisierten Erkenntnislage dieser Auffassung an. Am 28. März 2017 trat in Ungarn ein Gesetz in Kraft, das die Grenzgesetzgebung im Fall von Krisensituationen („Notstand“) änderte und mit dem Änderungen für die Aufnahme- und Asylverfahren eingeführt wurden, um den Zugang zum ungarischen Hoheitsgebiet zu verhindern und irregulär einreisende Personen zurückzuweisen, den Zugang zu Asylverfahren durch die Transitzonen einzuschränken, alle Asylsuchenden während des Verfahrens zu inhaftieren und die Unterstützung und Dokumentation für Asylsuchende zu beschränken (Stellungnahme UNHCR v. 28.6.2017 an das VG Ansbach; Pro Asyl v. 8.3.2017). Nach Angaben des UNHCR betrifft dies auch Asylsuchende, die unter der Dublin-Verordnung nach Ungarn überstellt werden. Ungarn weigerte sich danach zudem Asylsuchende auf Grundlage der Dublin-Verordnung zurückzunehmen und setzte die Zusammenarbeit mit anderen EU-Staaten diesbezüglich aus. Die Inhaftierung von Asylsuchenden in Ungarn erfolgte weiterhin ohne die notwendigen Schutzvorkehrungen, die sicherstellen, dass eine Inhaftierung rechtmäßig, notwendig und verhältnismäßig ist (Amnesty Report 2017 Ungarn, Berichtszeitraum 1.1.2016 bis 31.12.2016). Nach den Feststellungen der Bundesregierung sind Überstellungen nach Ungarn nur noch eingeschränkt möglich und werden nur dann durchgeführt, wenn die ungarischen Behörden im Einzelfall schriftlich zusichern, dass Dublin-Rückkehrer gemäß der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU untergebracht und ihre Asylverfahren nach Maßgabe der Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU durchgeführt werden (BT-Drs. 18/13428 Nr. 9). Seit der Mitteilung der EU-Kommission am 17. Mai 2017 über weitere Maßnahmen gegenüber Ungarn gab es zudem keine Überstellungen nach Ungarn (BT-Drs. 18/13428 Nr. 10). Der Senat kommt daher zu der Überzeugung, dass nach wie vor Asylbewerber und Dublin-Rückkehrer – wie der Kläger – eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Fall der Überstellung/Abschiebung nach Ungarn ernsthaft zu befürchten haben (ebenso: NdsOVG, B.v. 20.12.2016 – 8 LB 184/15 – juris Rn. 28; VGH BW, U.v. 13.10.2016 – A 11 S 1596/16 – juris Rn. 22; OVG Saarl, U.v. 9.3.2017 – 2 A 365/16 – juris Rn. 22; BayVGH, U.v. 23.3.2017 – 13a B 17.50003 – juris Rn. 22; SächsOVG, U.v. 6.6.2017 – 4 A 584/16.A – juris Rn. 27; HessVGH, B.v. 24.8.2017 – 4 A 2986/16.A – juris Rn. 44).

32. Es kann offen bleiben, ob im Hinblick auf die vom Beklagten an die ungarischen Behörden gerichtete Anfrage vom 2. November 2017, ob der Kläger im Falle einer Rückführung gemäß der Aufnahmerichtlinie untergebracht wird und sein Asylverfahren nach Maßgabe der Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU durchgeführt wird, etwas anderes zu gelten hat. Denn unabhängig davon, ob im Hinblick auf die o.g. Schwachstellen des ungarischen Asylverfahrens überhaupt davon ausgegangen werden kann, dass eine derartige Garantieerklärung geeignet ist, an den systemischen Mängeln etwas zu ändern oder diese zu beseitigen und ob im Hinblick auf die Überstellungspraxis in Bezug auf Ungarn überhaupt eine zeitnahe Rücküberstellung im Bereich des Möglichen liegt und sich die Beklagte durch die Aufstellung weiterer Voraussetzungen für eine Überstellung selbst gebunden hat (vgl. OVG NW, B.v. 8.12.2017 – 11 A 1966/15.A – juris Rn. 10 ff.), liegt eine derartige Erklärung der ungarischen Behörden zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) jedenfalls nicht vor.

OVG Lüneburg / AZ.: 10 LB 82 / 17 / Bulgarien

Link zum gesamten Urteil auf dem Niedersächsischen Landesjustizportal

Es ist aber jedenfalls mit Art. 3 EMRK unvereinbar, wenn sich ein Asylbewerber, der von staatlicher Unterstützung vollständig abhängig ist und sich in einer gravierenden Mangel- oder Notsituation befindet, staatlicher Gleichgültigkeit ausgesetzt sieht (vgl. EGMR, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 53).

[…]

aa) Anerkannten Schutzberechtigten droht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Obdachlosigkeit, weil sie in der Regel faktisch keinen Zugang zu Wohnraum haben.

[…]

Die Beschaffung von Wohnraum am freien Wohnungsmarkt ist auch dann nach Darstellung des UNHCR ein großes Problem, wenn finanzielle Mittel zur Anmietung von Wohnraum vorhanden sind (UNHCR Bulgarien, 2016 Age, Gender and Diversity Participatory Assessment (AGD PA) Report, S. 10). Durch den Mangel an gezielter Unterstützung im Wohnungswesen müssten sich Statusinhaber durch Immobilienagenturen, Landsleute, Rechtsanwälte und Freiwillige ihren eigenen Wohnraum suchen. Die Vermittler nutzten häufig die Unerfahrenheit der Begünstigten mit den örtlichen Verhältnissen, ihr fehlendes bulgarisches Sprachwissen und ihren verzweifelten Bedarf an Wohnraum aus und verlangten von ihnen höhere Provisionen oder Mieten für Räume, denen es selbst am Nötigsten fehle (vgl. auch Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Stuttgart vom 23.07.2015, S. 2). Einen Vermieter zu finden, der bereit sei, eine Wohnung an Familien von vier oder mehr Personen zu vermieten, sei oft eine Herausforderung. Da keine nachhaltige Lösung existiere, seien vor allem besonders gefährdete Personen von Obdachlosigkeit bedroht (UNHCR Bulgarien, 2016 Age, Gender and Diversity Participatory Assessment (AGD PA) Report, S. 10). Bereits im Jahr 2014 stellte das Bulgarische Flüchtlingskomitee fest, dass die Beschaffung von privatem Wohnraum allenfalls für Personen eine Option sei, deren Verwandte ihnen Geld überweisen könnten oder die über eine Arbeitsstelle verfügten. Hinzu komme, dass Vermieter die Vermietung aus Gründen der Rasse, der Nationalität, der Religion oder wegen der Anzahl der Kinder der Flüchtlinge ablehnen würden (Bulgarian Council on Refugees and Migrants, Monitoring Report on the Integration of Beneficiaries of International Protection in the Republic of Bulgaria In 2014, S. 53; AA 18.07.2017, S. 9).
Auch die Nichtregierungsorganisationen, die in Einzelfällen bei der Wohnungssuche helfen (AA 18.07.2017, S. 9), sind nach Einschätzung des Senats nicht in der Lage, den in Deutschland lebenden anerkannten Schutzberechtigten bei einer Rückkehr nach Bulgarien Unterkünfte zu verschaffen, da deren Hilfen (u. a. Beratung bei der Unterkunftssuche) sich nur im begrenzten Rahmen der jeweiligen Projektfinanzierung bewegen können (Ilareva 07.04.2017, S. 3 ff.).
Im Ergebnis ist die Erlangung des Schutzstatus nach einer Rückkehr daher faktisch in der Regel gleichbedeutend mit Obdachlosigkeit (so ausdrücklich Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Stuttgart vom 23.07.2015, S. 2). Soweit das Saarländische Oberverwaltungsgericht ebenfalls erhebliche Probleme bei der Unterkunftssuche sieht und deshalb eine Abschiebung nur für zulässig erachtet, wenn die Betroffenen in Bulgarien während einer angemessenen “Anlaufzeit“ eine als Meldeadresse geeignete Unterkunft zur Verfügung haben und auf eine solche Anlaufadresse für angemessene Zeit zugreifen können (Saarländisches OVG, Urteil vom 13.12.2016 – 2 A 260/16 –, juris Rn. 28), bestätigt dies im Ergebnis die Auffassung des Senats.
Im Ergebnis ist die Erlangung des Schutzstatus nach einer Rückkehr daher faktisch in der Regel gleichbedeutend mit Obdachlosigkeit (so ausdrücklich Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Stuttgart vom 23.07.2015, S. 2). Soweit das Saarländische Oberverwaltungsgericht ebenfalls erhebliche Probleme bei der Unterkunftssuche sieht und deshalb eine Abschiebung nur für zulässig erachtet, wenn die Betroffenen in Bulgarien während einer angemessenen “Anlaufzeit“ eine als Meldeadresse geeignete Unterkunft zur Verfügung haben und auf eine solche Anlaufadresse für angemessene Zeit zugreifen können (Saarländisches OVG, Urteil vom 13.12.2016 – 2 A 260/16 –, juris Rn. 28), bestätigt dies im Ergebnis die Auffassung des Senats.
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in Bulgarien abweichend von der dargestellten allgemeinen Einschätzung auf (irgend)eine Unterkunft zugreifen kann, sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegt auch keine Zusicherung des Bundesamtes vor, dass dem Kläger in Bulgarien eine konkrete Unterkunft zur Verfügung steht.
bb) Anerkannte Schutzberechtigte haben zudem große Schwierigkeiten, eine Arbeitsstelle zu erlangen, um die für Wohnraum und den übrigen Lebensbedarf benötigten Mittel zu erwirtschaften.
Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist anerkannten Schutzberechtigten auch und gerade deshalb versperrt, weil sie über keine Unterkunft verfügen. Die Jobcenter der Agentur für Arbeit unterstützen die eigenen Anstrengungen bei der Arbeitssuche durch Bereitstellung von Informationen über verfügbare Stellen, Möglichkeiten zur Weiterbildung, Berufsausbildung sowie Berufsorientierungskurse und haben eine unter anderem ins Arabische übersetzte Informationsbroschüre herausgegeben. Ohne Unterkunft können sich die Schutzberechtigten aber nicht bei einem Jobcenter der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend melden. Eine solche Anmeldung erfordert nämlich ein Ausweisdokument. Dieses wiederum kann nur beantragt werden, wenn der Schutzberechtigte eine Meldebestätigung vorweisen kann. Für die Meldebestätigung muss er jedoch eine Unterkunft nachweisen können (Ilareva, Bericht über die derzeitige rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien, 27.08.2015, im Folgenden: Ilareva 27.08.2015, S. 3; Ilareva 07.04.2017, S. 6). Doch selbst nach erfolgreicher Registrierung erweist es sich für die anerkannten Schutzberechtigten als fast unlösbare Aufgabe, ohne Kenntnisse der bulgarischen Sprache einen Arbeitsplatz zu finden (AA 18.07.2017, S. 6; UNHCR Bulgarien, 2016 Age, Gender and Diversity Participatory Assessment (AGD PA) Report, S. 10; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 12 f.).
Ohne Registrierung beim Jobcenter können anerkannte Schutzberechtigte zwar möglicherweise am lokalen Arbeitsmarkt Beschäftigung finden. Sie verdienen dort aber nur den Mindestlohn bzw. einen Betrag, der nicht ausreicht, um die monatlichen Ausgaben zu decken (Ilareva 27.08.2015, S. 3; UNHCR Bulgarien, 2016 Age, Gender and Diversity Participatory Assessment (AGD PA) Report, S. 10; insofern in der deutschen Übersetzung der Stellungnahme von Ilareva 07.04.2017, S. 6, unzutreffend wie folgt zitiert: „erhalten […] einen minimalen Lohn, der aber ausreicht, um ihre monatlichen Kosten zu decken.“ Im Original des UNHCR-Berichts und in der Stellungnahme von Ilareva heißt es hingegen: „earning the minimum wage, which is insufficient to cover […]“; vgl. auch Pro Asyl, Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien, April 2015, S. 35). Auch diese Beschäftigungsverhältnisse bieten also keine Gewähr dafür, eine Unterkunft und den übrigen Lebensbedarf finanzieren zu können (a. A. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.08.2016 – 3 L 94/16 –, juris Rn. 14, jedoch ohne Auseinandersetzung mit der Stellungnahme von Ilareva vom 27.08.2015).
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger abweichend von dieser allgemeinen Einschätzung bessere Möglichkeiten hat, eine seinen Lebensbedarf deckende Arbeitsstelle in Bulgarien zu finden, sind nicht erkennbar.
cc) Die erheblichen Probleme bei der Erlangung einer Unterkunft und einer den Lebensbedarf deckenden Beschäftigung bergen zugleich die Gefahr der Verelendung, da auch kein Zugang zu Sozialhilfe besteht.

Denn die bereits erörterte Registrierung beim Jobcenter ist neben dem Ausweisdokument eine der Voraussetzungen, um einen Antrag auf Sozialhilfe stellen zu können (Saarländisches OVG, Urteil vom 10.01.2017 – 2 A 330/16 –, juris Rn. 30; Ilareva 27.08.2015, S. 4; Ilareva 07.04.2017, S. 7). Ohne Unterkunft besteht für die Schutzberechtigten also auch kein Zugang zu Sozialhilfe, ohne die sie andererseits keine Unterkunft (auf dem freien Wohnungsmarkt) erlangen können (Ilareva 27.08.2015, S. 4). Der Zugang zu einer Meldeadresse ist daher der „Dreh- und Angelpunkt“ für die Schutzberechtigten in Bulgarien (Saarländisches OVG, a.a.O.).

VG Magdeburg / AZ.: 4 B / 761 / 17 MD / Bulgarien

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[…] Unter Beachtung des Prüfungsmaßstabes im Eilrechtsschutzverfahren bestehen ernst zunehmende, hinsichtlich ihrer Schwere jedoch noch weiter aufklärungsbedürftige Anhaltspunkte für das Vorliegen systematischer Mängel in Bezug auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Bulgarien, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedsstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GRCh implizieren. In diesem Falle wäre die Überstellung mit der genannten Bestimmung unvereinbar (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, Rs. C-411/10)

Derartige systemische Mängel ergeben sich insbesondere aus der unter anderem von den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zitierten Rechtsprechung (VG Hannover, U. v. 11.11.2016 – 6A 1444/15 -, B. v. 13.02.2017 – 7 B 387/17 -,   VG Göttingen, U. v. 14.03.2017 – 2 A 141/16 -, VG Würzburg, U. v. 12.05.2016 – W 2 K 15.30105 -, alle juris). Diesen Entscheidungen ist immanent, dass sie das Vorliegen systematischer Schwachstellen damit begründen, dass europarechtswidrig in Bulgarien nicht gewährleistet werde, dass bei Dublin-Rückkehrern eine sachliche Prüfung des Asylantrags erfolgt. Die Pflicht zur Gewährleistung einer sachlichen Prüfung des Asylantrags wird aus Art. 18 Abs. 2 Dublin-III-VO hergeleitet. […] Da der Wiederaufnahme des Antragstellers unter Verweis auf Art. 18 Abs. 1 c) Dublin-III-VO von den bulgarischen Behörden zugestimmt wurde (vgl. BI. 177 Beiakte A), besteht für den Asylantrag in Bulgarien sachliche Prüfpflicht. Diese ist nach oben genannten Entscheidungen unter Verweis auf diverse Erkenntnismittel nicht gewährleistet. […]

OVG NRW / Az.: 11 A 585/17.A / Ungarn

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A. Die Voraussetzungen der für die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrags (Ziffer 1. des Bescheids vom 13. November 2015) im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) maßgeblichen Rechtsgrundlage des § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Ungarn ist nicht mehr zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers. Die ursprünglich nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), gegebene Zuständigkeit Ungarns besteht nicht mehr.

I. Die ursprüngliche Zuständigkeit Ungarns ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 13 Abs. 1 Dublin III—VO. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ordnet an, dass, wenn ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift
liegen vor. Der Kläger hat sowohl nach seinen eigenen Angaben als auch nach den dem Bundesamt vorliegenden Daten von der Türkei aus (also einem Drittstaat) die Grenze nach Ungarn illegal überschritten und dort einen Asylantrag gestellt. Auf das
Aufnahmegesuch der Beklagten auf der Basis von Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO vom 21. August 2015 und vom 26. August 2015 hat Ungarn nicht reagiert, so dass nach Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO nach zwei Wochen davon auszugehen war, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wurde. Nach Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO ist der nach der Dublin III-VO zuständige Mitgliedstaat verpflichtet, einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

II. Die Zuständigkeit Ungarns für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers ist gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO im Wege der Ermessensreduzierung auf Null entfallen. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat abweichend von Artikel 3 Absatz 1 beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Die Ermessensreduktion ergibt sich aus dem Beschleunigungsgrundsatz der Dublin III-V0 und der Verwaltungspraxis der Beklagten betreffend Überstellungen an Ungarn.

Steht zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats hinreichend sicher fest, dass innerhalb der nächsten sechs Monate eine Überstellung aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sein wird oder durchgeführt werden kann, so gebietet der dem Dublin-System innewohnende Beschleunigungsgedanke, dass bereits jetzt von einer Unmöglichkeit der Überstellung und damit dem künftigen Zuständigkeitsübergang auszugehen ist (vgl. Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO) […].

Im Falle des Klägers ist nicht erkennbar, dass dessen Rücküberstellung nach Ungarn innerhalb der Überstellungsfrist von sechs Monaten (Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO)
tatsächlich im Bereich des – realistisch betrachtet – Möglichen liegt […].

Bereits die tatsächliche Überstellungspraxis der Beklagten in Bezug auf Ungarn spricht maßgeblich gegen eine zeitnahe Rücküberstellung des Klägers. Die Zahlen der Überstellungen nach Ungarn im Rahmen des Dublin-Systems sind stark rückläfig, seit dem 11. April 2017 wurden keine Überstellungen mehr nach Ungarn vorgenommen.

Nach einer im Internet abrufbaren Statistik der Bundesregierung (Auszug aus BT-Drs. 18111262), auf die die Beteiligten im Rahmen der Anhörung nach § 130a VwGO
hingewiesen wurden, betrug im Jahr 2016 die Anzahl der Übernahmeersuchen an Ungarn 11.998, denen Ungarn in 3.756 Fällen zugestimmt hat. Erfolgt sind tatsächlich lediglich 294 Überstellungen nach Ungarn. Die Zahlen für die ersten beiden Quartale des Jahres 2017 lassen sich der Kleinen Anfrage BT-Drs. 18/13190 entnehmen. Danach hat Ungarn im ersten Quartal 2017 von 1.317 Übernahmeersuchen
464 zugestimmt. 28 Überstellungen sind tatsächlich erfolgt. Im zweiten Quartal 2017 sank die Anzahl der  bernahmeersuchen weiter auf 754, Ungarn stimmte in 287 Fällen zu. Tatsächlich wurden bis zum 11. April 2017 lediglich zwei Asylbewerber und seither keiner mehr überstellt.

Die Bundesregierung kommt selbst nach Prüfung zu dem Ergebnis, dass Überstellungen nach Ungarn nur noch eingeschränkt möglich sind (Antworten auf die Fragen 9 und 11 der Kleinen Anfrage BT-Drs. 18113190). Die bis vor kurzem sehr geringe Zahl von Rücküberstellungen im Verhältnis zur Zahl der zu Überstellenden dürfte dazu beitragen, dass der ohnehin schon enorme Rückstau ständig weiter anwächst. Dass die Überstellungen nunmehr vollständig zum Erliegen gekommen sind, beschleunigt das Anwachsen des Rückstaus weiter. Ungarn begrenzt die Anzahl der Rücküberstellungen weiter dadurch, dass – so die Darstellung des European Asylum Support Office (EASO) in der Beschreibung des ungarischen Asylsystems (2015) – maximal zwölf Dublin-Rückkehrer pro Tag aus allen Mitgliedstaaten auf dem Luftweg
nach Ungarn zurückgeführt werden dürfen. Zudem ergibt sich aus den, dem Senat in anderen Verfahren vorliegenden, Zustimmungsschreiben der ungarischen Behörden, auf die die Beteiligten im Anhörungsschreiben nach § 130a VwGO ebenfalls hingewiesen wurden, das Überstellungen nur Von Montag bis Donnerstag (8 bis 15 Uhr) erfolgen sollen.

Darüber hinaus hat die Beklagte ihr Ermessen im Wege der Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) noch weiter beschränkt, indem sie zusätzliche Voraussetzungen für eine Überstellung nach Ungarn aufgestellt hat. Nach den Erklärungen der Bundesregierung in der Kleinen Anfrage BT-Drs. 18/13190 werden Überstellungen nach Ungarn „nur dann durchgeführt, wenn die ungarischen Behörden (im Einzelfall) schriftlich zusichern, dass Dublin-Rückkehrer gemäß der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU untergebracht und ihre Asylverfahren nach Maßgabe der Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU durchgeführt werden“. Mit dieser Vorgehensweise hat sich die Beklagte unabhängig von den Regelungen der Dublin III-VO eine weitere Voraussetzung für Überstellungen nach Ungarn auferlegt, so dass sich ihr Ermessen in den Fällen, in denen Ungarn keine entsprechende Erklärung vorlegt, auch deshalb auf Null reduziert und sie verpflchtet ist, ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin Ill-V0 auszuüben.

Die ungarischen Behörden haben bislang betreffend den Kläger keine entsprechende Erklärung vorgelegt, obwohl die Beklagte unter dem 13. September 2017 eine entsprechende Anfrage gestellt hat. Seit dieser sind über zwei Monate vergangen.
Zudem ist auch die von der Beklagten gesetzte Frist zur Beantwortung der Anfrage seit dem 16. Oktober 2017 abgelaufen. In diesem Zusammenhang sind auch die
sonstigen Regelungen der Dublin III-V0 zum Aufnahme- und Wiederaufnahmeverfahren zu berücksichtigen. Nach Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO entscheidet der ersuchte Mitgliedstaat über das Aufnahmegesuch innerhalb von zwei Monaten, nach Art. 22 Abs. 6 Dublin III-VO innerhalb von einem Monat. Gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO entscheidet der ersuchte Mitgliedstaat über das Gesuch um Wiederaufnahme nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst Wurde, und nach Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO innerhalb von zwei Wochen. Gerade weil die Dublin III-VO für die Abgabe von Erklärungen unter den Mitgliedstaaten derart kurze Fristen vorsieht, ist davon auszugehen, dass den ungarischen Behörden die Relevanz einer zeitnahen Beantwortung der genannten Anfrage bewusst und eine dementsprechend zügige Erklärung möglich gewesen wäre. Diese Fristen wären hinsichtlich des Schreibens vom 13. September 2017 zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen. Daher ist hier die von der Beklagten aufgestellte zusätzliche Voraussetzung des Vorliegens einer entsprechenden Erklärung aus Ungarn nicht erfüllt.

Die Beklagte hat auch nicht ansatzweise dargelegt, aus welchen Gründen eine Überstellung des Klägers realistischerweise dennoch erfolgen kann und wahrscheinlich auch erfolgen wird […]

Das Bundesamt übersandte auf den gerichtlichen Hinweis vom 5. September 2017 lediglich die unter dem 13. September 2017 gestellte Anfrage an Ungarn, in der um Antwort bis zum 15. Oktober 201 7 gebeten wurde.

Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 11. April 2017 – 1 B 39.17 – davon ausgeht, dass die Annahme, die Beklagte sei in Fällen dieser Art verflichtet, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen, mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs […] nicht ohne Weiteres zu vereinbaren sein dürfte […], führt dies zu keinem anderen Ergebnis.

Denn zum einen betrifft die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union allein die Konstellation eines schwer kranken Asylbewerbers, dessen Gesundheitszustand sich voraussichtlich nicht kurzfristig bessern wird oder sich im Fall einer langfristigen Aussetzung des Verfahrens verschlechtern kann. In diesem Zusammenhang könne Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO nicht im Licht von Art. 4 der Charta dahin ausgelegt werden, dass sie den Mitgliedstaat in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens zur Anwendung der Ermessensklausel verpflichte. Diese Fälle sind aber mit der hier voraussichtlich nicht erfolgenden Überstellung aufgrund der generellen Einholung einer Erklärung der ungarischen Behörden, wonach die Einhaltung der EU-Standards im Einzelfall garantiert wird, nicht vergleichbar. Denn im Gegensatz zu dem Fall, über den der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden hat, betrifft die Unmöglichkeit der Überstellung hier sämtliche Fälle der in Betracht kommenden (Rück-)Überstellungen in einen konkreten Mitgliedstaat, nämlich nach Ungarn. Es ist gerade kein Einzelfall betroffen, in dem aufgrund der Gesundheitssituation eine Überstellung etwa auf unbestimmte Zeit verzögert wird und damit ungewiss ist. Stattdessen ist hier die Erklärung der Bundesregierung in der Kleinen Anfrage .
BT-Drs. 18/13190 zu berücksichtigen, dass keine Überstellung erfolgen wird, ohne dass Ungarn eine entsprechende Erklärung abgibt. Dies ist hier seitens der ungarischen Behörden über einen Zeitraum von bislang zwei Monaten, nämlich seit dem 13. September 2017, nicht geschehen.

Zum anderen ist inzwischen eine Änderung der Sachlage eingetreten. Seit dem 11. April 2017 sind keine Überstellungen an Ungarn erfolgt. Zudem hat sich die Beklagte
mit der Anfrage an Ungarn nach Einhaltung der EU-Standards zusätzlich zu den in der Dublin III-V0 vorgesehenen Voraussetzungen eine Weitere geschaffen, an der sie sich festhalten lassen muss. Sie hat bisher nicht darlegt, aus welchen Gründen eine Überstellung dennoch möglich ist. Die Erklärung der Bundesregierung in der Kleinen Anfrage BT-Drs. 18/13190 datiert zudem vom 24. August 2017 und lag mithin im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. April 2017 im Hinblick auf die Beurteilung einer Ermessensreduktion für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts noch nicht vor.

B. Die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (a. F.) gestützte Abschiebungsanordnung in Ziffer 2. des angefochtenen Bescheids ist ebenfalls rechtswidrig. Nach §§ 34a Abs. 1
Satz 1, 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG n. F. ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Abschiebung nach Ungarn ist nicht durchführbar; Ungarn ist nach den unter A. getroffenen Feststellungen nicht mehr zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers.

VG Frankfurt / Az: 2 K 8792/17.F.A / Ungarn

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Das Bundesverwaltungegericht hat mit Beschluss vom 27. Juni 2017 (1 C 26716) dem Europäischen Gerichtshof
(EUGH) im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Artikel 267 AEUV unter Anderem die folgenden Fragen vorgelegt:

„Darf ein Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 als unzulässig abgelehnt werden, wenn ein anderer EU-Mitgliedstaat bereits Flüchtlingsschutz gewährt hat, in diesem Mitgliedstaat anerkannten Flüchtling aber

a) keine oder im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nur deutlich eingeschränkt im Umfang existenzsichernde Leistungen gewährt werden, sie insoweit aber nicht anders
behandelt werden als die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaates?

b) Die Rechte nach Artikel 20 ff. AL 20/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) zwar gewährt werden, sie aber faktisch erschwerten Zugang zu den damit verbundenen Leistungen haben oder solchen Leistungen familiärer oder zivilgesellschaftliche Netzwerke haben, die staatlichen Leistungen ersetzen oder ergänzen“?

Bis zur Entscheidung des EUGH hat das Bundesverwaltungsgericht das Revisionsverfahren ausgesetzt. Diese zu den Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Italien ergangene Rechtsprechung lässt sich auf die Verhältnisse in Ungarn übertragen, denn nach der bestehenden Auskunftslage ist ebenfalls nicht geklärt, ob in Ungarn die Anforderungen der Artikel 20 ff. der EU-Qualifikationsrichtlinie eingehalten werden. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Hess VGH mit Beschluss vom 24. August 2017 festgestellt hat, dass das ungarische Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen an systemischen Mängeln leidet (4 A 2986/16.A). Vor diesem Hintergrund ist derzeit offen und bedarf einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nach Klärung der Vorlagefragen durch den EUGH, ob die Antragstellerin angesichts der Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Ungarn auf europarechtskonforme Weise nach Ungarn abgeschoben werden darf.

VG Potsdam / Az.: VG 1 K 458/15.A / Ungarn

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Nach der Überzeugung der Kammer bestehen in Ungarn aktuell grundlegende Defizite sowohl hinsichtlich des Zugangs zum Asylverfahren als auch in Bezug auf dessen Ausgestaltung sowie im Hinblick auf die Aufnahmebedingungen während des
Asylverfahrens, die in ihrer Gesamtheit die Annahme rechtfertigen, dass der Klägerin bei einer Überstellung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder
erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EUGrCh bzw. Art. 3 EMRK droht […].

Diese Annahme beruht insbesondere auf den gesetzlichen Entwicklungen in Ungarn der letzten Jahre. Nach der am 1. Juli 2013 in Kraft getretenen Änderung des Asylgesetzes, die die Möglichkeit einer lnhaftierung von Asylbewerbern vorsah, kam
es ab Sommer 2015 zu weiteren Gesetzesänderungen betreffend unter anderem die Einführung eines beschleunigten Verfahrens, den Rechtsschutz und die lnhaftierung sowie die Aufnahme von Serbien in eine nationale Liste sicherer Drittstaaten mit der Folge der Unzulässigkeit von Asylanträgen bei Einreise über Serbien […].

Im September 2015 wurde mit der Errichtung von Grenzzäunen zu Serbien und Kroatien ein Grenzverfahren in dort eingerichteten Transitzonen etabliert […].

Im Fall von Unzulässigkeit und im beschleunigten Verfahren ist vom Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft (OIN) innerhalb von 15 Tagen zu entscheiden, im regulären Verfahren innerhalb von zwei Monaten […].

Unter Beibehaltung der im Juli 2013 eingeführten Asylhaft im Allgemeinen wurde die zulässige Haftdauer für Grenzankömmlinge ohne Papiere auf 24 statt bisher 12 Stunden heraufgesetzt und die Haftanordnung im Dublin-Verfahren erleichtert. Im Allgemeinen kann Asylhaft erstmalig maximal für 72 Stunden sowie aufgrund eines
Verlängerungsantrags um maximal 60 Tage aus im Einzelnen genannten Gründen angeordnet werden, insbesondere bei unklarer Identität und Gefahr des Untertauchens. Zuvor ist zu prüfen, ob ein milderes Mittel zur Anwendung kommen kann […]. Die maximale Dauer der Asylhaft beträgt 6 Monate, bei Folgeanträgen 12 Monate und bei Familien mit Kindern 1 Monat […]

Dublin-Rückkehrer, über deren Erstantrag bei Rückkehr noch nicht entschieden wurde, werden als Erstantragsteller behandelt. Grundsätzlich hat die Asylbehörde in Fällen, in denen Asylantragsteller während eines laufenden Asylverfahrens in einen Mitgliedstaat weiterreisen, in jedem Verfahrensstadium die Möglichkeit, entweder auf Basis der zur Verfügung stehenden Informationen eine Sachentscheidung zu treffen oder aber das Asylverfahren einzustellen. Regelmäßig wird das Asylverfahren ohne Entscheidung in der Sache eingestellt […].

Die Wiederaufnahme des Verfahrens kann bis zu neun Monate nach Einstellung des Verfahrens beantragt werden. Danach wird die Einstellung endgültig und der Asylbewerber wird wie ein Folgeantragsteller behandelt, wobei Änderungen dergestalt in Planung seien, dass der Asylantrag auch in diesem Fall vollumfänglich geprüft werde.

Angesichts dieser Ausgangslage, die nach dem vorliegenden Erkenntnismaterial ab dem Jahr 2013 bis zum jetzigen Zeitpunkt durch eine fortschreitende (gesetzliche) Intensivierung und Verschärfung gekennzeichnet ist, besteht für die Klägerin insbesondere die Gefahr, in Ungarn ohne ausreichende gesetzmäßige Anordnung und ohne effektive Rechtsschutzmöglichkeiten inhaftiert zu werden. Die Anordnung der Asylhaft ist schon nach den gesetzlichen Vorgaben in großem Umfang zulässig. Danach kann Asylhaft angeordnet werden 1. bei unklarer ldentität oder Staatsangehörigkeit, 2. bei Ausländern, die sich im Ausweisungsverfahren befinden und einen Asylantrag stellen, obwohl sie diesen zweifelsfrei bereits zuvor hätten stellen können oder um eine drohende Aufenthaltsbeendigung zu verzögern oder abzuwenden, 3. wenn der Sachverhalt des Asylbegehrens aufgeklärt werden muss und eine Aufklärung nicht ohne Haft möglich ist, speziell wenn die Gefahr des
Untertauchens besteht, 4. wenn der Asylbewerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, 5. wenn der Asylantrag im Flughafenbereich gestellt wurde oder 6. zur Sicherstellung der Durchführung des Dublin-Verfahrens,
wenn die ernsthafte Gefahr des Untertauchens besteht […].

Diese Formulierung der Haftgründe ist sehr weit gefasst und lässt damit Raum für eine weitreichende lnhaftierung von Asylbewerbern. Auch die tatsächliche Praxis der lnhaftierung in Ungarn wird schon länger in vielen Punkten erheblich kritisiert. So solle das OIN vor einer Haftanordnung zwar prüfen,
ob Alternativen zur Haft bestünden, hiervon würde jedoch nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht; Verlängerungen würden automatisch für den Höchstzeitraum beantragt und die Haftanordnungen seien nicht individualisiert […].

Seit dem Jahr 2013 soll die Inhaftierungsquote deutlich angestiegen sein und Anfang November 2015 soll sie CHR zufolge sogar 52% gegenüber 11% im Jahr 2014 betragen haben. Schließlich wies HHC im Juni 2016 nochmals ausdrücklich darauf hin, dass Ungarn einer der wenigen Staaten in Europa sei, in dem Asylantragsteller in der Regel für mehrere Monate inhaftiert würden. Dublin-Rückkehrer würden in der Praxis regelmäßig inhaftiert […]; Zudem lässt sich den Erkenntnisquellen nicht entnehmen, dass ein effektiver
Rechtsschutz existieren würde. Insbesondere bestehen für das OIN und auch die Gerichte sehr restriktive Fristenregelungen zur Entscheidung. Diese sind nicht ausreichend, um die Durchführung eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu
gewährleisten. Bei Fristen im Tagebereich wie dargestellt können die unverzichtbaren Anforderungen an ein solches Verfahren einschließlich Dolmetscher, Anhörung, (individualisierter) Herkunftslandinformationen etc. nicht
eingehalten werden […]; Gleiches gilt für die Rechtmittelfristen. Weiter gibt es zwar Zugang zu Rechtsberatung, in der Praxis ist diese aber den Auskünften zufolge mangels entsprechender staatlicher Finanzierung nicht verfügbar. Soweit überhaupt staatliche Anwälte bestellt seien, agierten diese passiv. Außerdem ist gegen die Verhängung von „Asylhaft“ kein gesetzlicher Rechtsbehelf vorgesehen, sondern nur eine sogenannte „Einspruchsmöglichkeit“. Nach den Informationen von UNHCR werde aber auch hiervon aus Unkenntnis kein Gebrauch gemacht. Gegen die „Einwanderungshaft“ gebe es ebenfalls keinen Rechtsbehelf, nur eine automatische
Überprüfung. Die gerichtliche Haftüberprüfung erfolge in einem „automatisierten“ Prozess alle 60 Tage durch dieselben (Straf—) Richter, die die Erstprüfung durchgeführt hätten. In der täglichen Praxis würden Entscheidungen für 5 bis 15 Häftlinge innerhalb von 30 Minuten gefällt, ohne dass eine individuelle Prüfung erfolgen könne. Die Entscheidungen seien schematisch, das Verfahren nicht individualisiert und es erfolge keine Überprüfung, ob die Haft das einzige Mittel sei. Angesichts dieser gravierenden Missstände kann der Rechtsschutz damit insgesamt gesehen nicht mehr als wirksam bezeichnet werden […].

Zwischenzeitlich ist in Ungarn am 28. März 2017 eine Gesetzesänderung in Kraft getreten, nach der für alle Asylbewerber, die älter als 14 Jahre sind, auch für diejenigen, die nicht über die serbisch-ungarische Grenze eingereist sind, das gesamte Asylverfahren – nicht wie bisher, lediglich die Zulässigkeitsprüfung über maximal 28 Tage – in den Transitzonen an der serbischen Grenze abgewickelt wird […].

Mit einer Pressemitteilung vom 10. April 2017 rief der UNHCR auf, Dublin-Überstellungen nach Ungarn auszusetzen. Es sei am 28. März 2017 ein neues Gesetz (Gesetz T/13976 über die Anpassung mehrerer Gesetze zur Verschärfung der Verfahren in den Grenzzonen) in Kraft getreten, das Asylsuchende zwangsweise interniere. Auch werde ihnen durch physische Hindernisse und eine restriktive Politik effektiv der Zugang zum Territorium und damit zum Asyl verwehrt.

Aufgrund des Vorstehenden ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig sich wegen der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn als rechtswidrig darstellt und daher aufzuheben ist.

VG Minden AZ.: 11 L 233 / 17 A / Bulgarien

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[…]

Der nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO statthafte Abänderungsantrag ist dagegen begründet. […]

Es liegen nämlich veränderte Umstände vor, insbesondere eine die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsacheentscheidung erheblich zugunsten der Antragsteller beeinflussende höchstrichterliche Rechtsprechung zum Prüfungsmaßstab in asylrechtlichen Eilverfahren und zu Fragen der unionsrechtskonformen Auslegung von § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (vgl. zur Erheblichkeit einer sich nachträglich ergebenden Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Beurteilung eines Antrags nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO: BVerfG, Beschluss vom 26.08.2004 – 1 BvR 1446/04 -, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 80 Rn. 197, jew. m.w.N.). […]

Ob diese Voraussetzungen tatsächlich weiterhin vorliegen, ist gegenwärtig zumindest offen. Es ist nämlich ungeklärt, welche rechtlichen Auswirkungen der Inhalt der Auskünfte der bulgarischen Behörden vom 28.09.2016 in Bezug auf die Antragsteller hat. Danach haben beide bereits am 17.02.2014 in Bulgarien den subsidiären Schutzstatus zuerkannt bekommen und damit internationalen Schutz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG erhalten. Folglich liegt im Ausgangspunkt nach wie vor eine Schutzgewährung durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union vor. Es ist jedoch gegenwärtig offen, ob diese Schutzgewährung eine „Aufstockung“ des internationalen Schutzes durch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in der Bundesrepublik Deutschland ausschließt, oder ob eine solche unionsrechtlich möglich oder sogar geboten ist, jedenfalls dann, wenn das Asylverfahren in dem anderen Mitgliedstaat mit systemischen Mängeln behaftet war und weiterhin ist (vgl. hierzu Vorlagebeschlüsse des BVerwG an den EuGH vom 23.05.2017 – 1 C 17.16 und 1 C 20.16 -, juris; zuvor noch ablehnend: BVerwG, Urteil vom 17.06.2014 – 10 C 7.13 -, juris Rn. 28 ff., m.w.N., und Beschluss vom 26.10.2010 – 10 8 28.10 -, juris).

Insoweit könnten Umstände gegeben sein, unter denen sich die Rechtmäßigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung letztlich nicht verlässlich prüfen bzw. nicht im Sinne eines acte claire beantworten lässt, ohne zunächst die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs auf die Vorlagefragen des Bundesverwaltungsgerichts abzuwarten. Dies dürfte zugleich eine vorläufige Rücküberstellung der Antragsteller nach Bulgarien mit der Folge, dass sie das Hauptsacheverfahren von dort aus weiter betreiben müssten, im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als unzumutbar erscheinen lassen (vgl. zum Prüfungsmaßstab im asylrechtlichen Eilverfahren bei klärungsbedürftigen Fragen des Unionsrechts: BVerfG, Beschluss vom 17.01.2017 – 2 BvR 2013/16 -, juris Rn. 18 ff.).

Hinzu kommt, dass entgegen der Auffassung des Bundesamtes doch Einiges dafür spricht, dass ein nationalrechtliches Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK in Bezug auf Bulgarien vorliegt. Zwar geht die Kammer nach wie vor davon aus, dass Asylantragstellern in Bulgarien nicht generell und unterschiedslos eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.v. Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EU-Grundrechte-Charta droht (vgl. OVG Saarland, Urteil vom 16.11.2016 – 2 A 89/16 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2016 – 12 K 5984/16.A -, juris; VG Minden, Beschlüsse vom 11.10.2016 – 5 L 1673/16.A -, vom 18.10.2016 – 11 L 1608/16.A -, vom 28.10.2016 – 1 L 1783/16.A -, vom 21.12.2016 – 11 L 1999/16.A -, vom 08.03.2017 – 11 L 233/17.A – und vom 13.03.2017 – 11 L 410/17.A -, jew. n.v.).

An der vorstehend zitierten Rechtsprechung, auf die wegen der weiteren Nachweise Bezug genommen wird, hält die erkennende Kammer nach wie vor im Grundsatz fest. […]

Im vorliegenden, konkreten Einzelfall kann jedoch an der bisherigen Rechtsauffassung der Kammer, dass die im vorstehenden Bericht und in früheren Berichten benannten Schwierigkeiten Bulgariens bei der Aufstellung und Umsetzung eines Integrationsprogrammes für anerkannte Flüchtlinge zwar noch bestehen, diese aber (noch) nicht die Annahme rechtfertigen, dass international Schutzberechtigten in Bulgarien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.v. Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EU-Grundrechte-Charta droht, nicht festgehalten werden.

Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde: […]

In Fällen, in denen es um die Beurteilung der Aufnahmebedingungen in einem Drittstaat als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK geht, kommt der verfahrensrechtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verfassungsrechtliches Gewicht zu. Die fachgerichtliche Beurteilung solcher möglicherweise gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Aufnahmebedingungen muss daher, jedenfalls wenn diese ernsthaft zweifelhaft sind und damit der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens erschüttert ist, auf einer hinreichend verlässlichen, auch ihrem Umfang nach zureichenden tatsächlichen Grundlage beruhen. Dabei kann es sowohl verfassungsrechtlich als auch konventionsrechtlich geboten sein, dass sich die zuständigen Behörden und Gerichte vor einer Rückführung in den Drittstaat über die dortigen Verhältnisse informieren und gegebenenfalls Zusicherungen der zuständigen Behörden einholen. Soweit entsprechende Erkenntnisse und Zusicherungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht vorliegen und nicht eingeholt werden können, ist es zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes geboten, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.05.2017 – 2 BvR 157/17 -, juris Rn. 16 f., m.w.N.).

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass anerkannt Schutzberechtigten nach Art. 20 ff. der Richtlinie 2011/95/EU (im Folgenden: Qualifikationsrichtlinie) und den Wohlfahrtsvorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention im Wesentlichen – nur – ein Anspruch auf Inländergleichbehandlung zusteht und dieser Anspruch im Falle Bulgariens (wohl) überwiegend auch erfüllt wird. Allerdings betont das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung betreffend die Rückführung eines anerkannt Schutzberechtigten nach Griechenland, dass gerade den von Art. 34 Qualifikationsrichtlinie geforderten, über die bloße Inländergleichbehandlung hinausgehenden Integrationsmaßnahmen besondere Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.05.2017 – 2 BvR 157/17 -, juris Rn. 20).

Nach Auswertung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel ist ernsthaft zweifelhaft, ob die unionsrechtlich geforderten Integrationsmaßnahmen durch die Republik Bulgarien in gebotener Weise bereitgestellt werden. […]

Die Frage einer Verletzung von Art. 3 EMRK ist mit Blick darauf und im Hinblick auf die stark divergierende Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sowie die gegen die Beschlüsse der Kammer in den Verfahren 11 L 410/17.A und 11 L 784/17.A derzeit anhängigen Verfassungsbeschwerden zumindest als derart klärungsbedürftig anzusehen, dass eine weitere Sachaufklärung in Rahmen eines Hauptsacheverfahrens notwendig wäre.

Es ist demgegenüber nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte und – gerade auch vor dem Hintergrund der in § 36 Abs. 3 Satz 5 AsylG normierten Entscheidungsfrist von einer Woche – nicht Sinn und Zweck des Eilverfahrens in Asylsachen. vor der Entscheidung eine individuelle Zusicherung der bulgarischen Behörden einzuholen, dass den Antragstellern solange Zugang zu Obdach, Nahrungsmitteln und sanitären Einrichtungen garantiert wird, bis die Antragsteller zu 1. und 2. in der Lage sind, sich in Bulgarien mit eigenen Mitteln zu unterhalten. Bestehen ernstliche Zweifel, ist die aufschiebende Wirkung der Klage in der Hauptsache aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend anzuordnen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17.01.2017 – 2 BvR 2013/16 -, juris Rn. 17 ff. und vom 21.04.2016 – 2 BvR 273/16 -, a.a.O., Rn. 14 ff.).

Das Gericht weist vorsorglich darauf hin, dass die Entscheidungen des Bundesamtes über die Unzulässigkeit des Asylantrags sämtlicher Antragsteller nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und die Abschiebungsandrohung aufgrund dieser stattgebenden gerichtlichen Entscheidung gern. § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG unwirksam werden. Das Bundesamt hat aufgrund dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichts das Asylverfahren sämtlicher Antragsteller von Gesetzes wegen im nationalen Verfahren durchzuführen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG). Es ist unerheblich, aus welchen Gründen das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat (vgl. VG Minden, Beschlüsse vom 27.07.2017 – 3 L 1181/17.A – und vom 17.07.2017 – 11 L 1091/17.A -, jew. n.v.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2017 – 22 L 3003/17.A -, juris Rn. 31; VG Berlin, Beschluss vom 17.07.2017 – 23 L 507.17.A -, juris Rn. 19, m.w.N.; Pietzsch, in Beck‘scher Online-Kommentar Ausländerrecht, 14. Edition, Stand: 01.05.2017, § 37 AsylG Rn. 3.1, m.w.N.). […]

OVG Sachsen / Az.: 4 A 584/16.A bzw. 4 K 673/15.A / Ungarn

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2.2.2. Nach der Überzeugung des Senats bestehen in Ungarn aktuell grundlegende Defizite sowohl hinsichtlich des Zugangs zum Asylverfahren als auch in Bezug auf dessen Ausgestaltung. Diese rechtfertigen in ihrer Gesamtheit die Annahmen, dass der
Kläger nach einer Überstellung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine inhaltliche Prüfung seines Asylgesuchs erreichen kann und er die Abschiebung in sein
Heimatland oder das faktische Verbringen seiner Person nach Serbien zu befürchten hat. Eine Überstellung nach Ungarn würde daher wegen der Gefahr der Kettenabschiebung seine Rechte aus Art. 4 EUGrCh/Art. 3 EMRK verletzen (zur
Verletzung von Art. 3 EMRK durch das Risiko des refoulement: EGMR, Urt. v. 14. März 2017 – 47287/15 -, Tz. 112 ff.). Insofern kommt es nicht darauf an, dass der Kläger in Ungarn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einen einer Inhaftierung
gleichkommenden Freiheitsentzug zu erwarten hat.

2.2.2.1. Das ungarische Asylrecht und die Aufnahmebedingungen sind davon geprägt, den Zugang zu Asyl im Land zu beschränken bzw. zu behindern (UNHCR, Ungarn als Asylland, deutsche Version: Juli 2016, S. 4). Es handelt sich um systemische Mängel, die die ernsthafte Gefahr bergen, dass dem Kläger der Zugang zu einer Sachprüfung seines Asylantrages verschlossen bleibt.

Neben der grenzsichernden Maßnahme der Errichtung eines Zaunes entlang der ungarischen Grenze zu Serbien und Kroatien hat Ungarn Transitzonen eingerichtet, in
denen seit 2015 nach dem damals geltenden ungarischen Asylrecht – außer in Fällen von Personen mit besonderen Bedürfnissen – die Zulässigkeitsprüfung zum Asylverfahren der über diese Grenze einreisenden Antragsteller durchzuführen war (bordermonitoring.eu/Pro Asyl e.V., Gänzlich unerwünscht, Juli 2016, S. 22; UNHCR a. a. O., S. 9). Allerdings wurden in den Transitzonen an der kroatischen Grenze seit 31. März 2016, zumindest bis Mai 2016, keine Asylanträge gestellt (UNHCR a. a. O., S. 11). Bei den Transitzonen handelt es sich um unmittelbar an der Grenze gelegene umzäunte Gelände mit Wohn- und Bürocontainern, neuerdings auch mit Spielplatz
und Sportstätte, die die Asylbewerber nur in Richtung der Außengrenze verlassen können (Amnesty International [ai], Stranded Hope, September 2016, S. 16 f.; Frankfurter Allgemeine Zeitung [FAZ] v. 24. Juni 2016, An der roten Linie;
Frankfurter Rundschau [FR] v. 7. April 2017, Spielplatz mit Stacheldraht).

Die ungarische Asylbehörde hatte dort innerhalb von acht Tagen eine Entscheidung zur Zulässigkeit des Asylantrages zu treffen (aida, Country Report: Hungary, 2016 update Feb. 2017, S. 36), wobei in den Transitzonen alle Asylanträge als unzulässig abgelehnt werden (UNHCR a. a. O., S. 12 für den Zeitraum 15. September 2015 bis 31. März 2016). Dies beruht darauf, dass Ungarn Serbien als sicheren Drittstaat
ansieht und ein Asylantrag einer Person, die durch einen sicheren Drittstaat gereist ist und dort die Möglichkeit hatte, effektiven Schutz zu erlangen, nach ungarischem
Asylecht als unzulässig angesehen wird (aida a. a. O., S. 50 f.). Nach ungarischem Asylrecht sind die Asylbewerber vor einer entsprechenden Entscheidung anzuhören und es ist ihnen Gelegenheit zu gegeben, innerhalb von 3 Tagen darzulegen, weshalb in ihrem jeweiligen Fall der Drittstaat nicht sicher ist (aida a. a. O., S. 37). Gleichwohl erfolgen die Antragsablehnung als unzulässig entweder am Tag der Antragstellung bzw. am Folgetag (UNHCR a. a. O., S. 13), weil in der Praxis die 3-Tages-Frist dadurch unterlaufen wird, dass den Asylbewerbern unmittelbar nach der Anhörung eine Erklärung zum Unterschreiben vorgelegt wird, nach der sie mit dem Verweis auf den sicheren Drittstaat nicht einverstanden seien. Mit dem Ausfüllen dieser Erklärung wird das Anhörungserfordernis
als erfüllt angesehen und die Unzulässigkeitsentscheidung gefällt. Auf diese Weise wird verhindert, dass anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen wird und eine nähere Begründung der
mangelnden Qualität von Serbien als sicherer Drittstaat erfolgt (aida a. a. O., S. 37).

Die Unzulässigkeitsentscheidung kann durch einen innerhalb von sieben Tagen zu stellenden Rechtsbehelf angefochten werden, wobei zweifelhaft ist, ob das Gericht neue Tatsachen und Umstände berücksichtigt (bordermonitoring.eu/Pro Asyl e.V. a. a. O., S. 19; UNHCR a. a. O., S. 10). In der Rechtsbehelfsfrist und solange die Klage anhängig ist, längstens jedoch 28 Tage, war es den Asylbewerbern verwehrt, die
Transitzone in Richtung Ungarn zu verlassen (ai a. a. O., S. 16; UNHCR a. a. O., S. 13). Die – nicht zwingend vorgesehene – gerichtliche Anhörung findet in Form einer Videokonferenz statt (aida a. a. O., S. 16/39, UNHCR a. a. O., S. 10), wobei die
gerichtliche Entscheidung innerhalb von acht Tagen ergehen soll (UNHCR a. a. O., S. 10). Tatsächlich ergehen die Entscheidungen teilweise bereits ein bis zwei Tage
nach Eingang des Verfahrens (aida a. a. O., S. 39).

Selbst im Falle der gerichtlichen Aufhebung der auf Serbien als sicherer Drittstaat beruhenden Unzulässigkeitsentscheidung wiederholt die ungarische Asylbehörde die aufgehobene Entscheidung und prüft Asylanträge erst inhaltlich, wenn eine zweite oder dritte gerichtliche Aufhebung erfolgt ist
(UNHCR a. a. O., S. 19; bordermonitoring.eu/Pro Asyl e.V. a. a. O., S. 19). Im Falle einer negativen gerichtlichen Entscheidung oder der Rücknahme oder Unanfechtbarkeit der Unzulässigkeitsentscheidung werden die Asylbewerber aus der Transitzone in Richtung Serbien entlassen (aida a. a. O., S. 38).

Das Recht auf anwaltlichen Beistand während des gesamten Verfahrens kann in der Praxis nur schwer umgesetzt werden. So wird das Interview zum Fluchtweg unmittelbar nach der Ankunft in der Transitzone geführt. Selbst wenn nach
gerichtlicher Aufhebung einer Unzulässigkeitsentscheidung eine erneute Anhörung zur Frage des sicheren Drittstaates angesetzt wird, erfolgt dies so kurzfristig, dass der anwaltliche Beistand kaum rechtzeitig eintreffen kann (UNHCR a. a. O., S. 13). Die im Klageverfahren durch den anwaltlichen Beistand vorgelegten Unterlagen werden von der Asylbehörde dem Gericht zum Teil nicht vorgelegt. Selbst wenn sie direkt bei
Gericht eingereicht werden, erreichen sie den zuständigen Richter aufgrund der beschleunigten Verfahrensbearbeitung nicht immer vor der Entscheidung (aida a. a. O., S. 39). Darüber hinaus wird der Kontakt zwischen Rechtsanwälten und
Asylbewerbern seit Anfang 2017 durch Zugangshindernisse erschwert (aida, a. a. O., S. 40).

Zwischenzeitlich ist in Ungarn am 28. März 2017 eine Gesetzesänderung in Kraft getreten, nach der für alle Asylbewerber, die älter als 14 Jahre sind, auch für
diejenigen, die nicht über die serbisch-ungarische Grenze eingereist sind, das gesamte Asylverfahren – nicht wie bisher, lediglich die Zulässigkeitsprüfung über maximal 28 Tage – in den Transitzonen an der serbischen Grenze abgewickelt wird (FAZ vom 7. April 2017, Raus nur rückwärts; Süddeutsche Zeitung [SZ] vom 11. April 2017, Asylbewerber in Ungarn; FR vom 7. April 2017 a. a. O.; Spiegel Online vom 10. April
2017, EU-Staaten sollen keine Flüchtlinge nach Ungarn schicken; Abschnitte 1 und 3 des in englischer Sprache vom Beklagten überreichten Gesetzestextes).

Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erwarten, dass das Asylgesuch des Klägers in der Sache geprüft wird. Vielmehr ist angesichts des klägerischen Reiseweges über Serbien eine Entscheidung über die Unzulässigkeit seines Asylantrages wegen der Einreise über einen sicheren Drittstaat absehbar.

Überdies ist – selbst wenn der Asylantrag des Klägers die Zulässigkeitshürde der Einreise durch einen sicheren Drittstaat überwinden würde – zu erwarten, dass sein Antrag lediglich als Folgeantrag angesehen und aus diesem Grund als unzulässig
abgewiesen wird. Nach einer Änderung des Asylgesetzes im Juli 2015 können Personen, deren Asylverfahren durch die ungarische Asylbehörde mit der Begründung eingestellt wurde, dass der Antrag nicht weiter verfolgt werde, binnen einer Frist von neun Monaten die Fortführung des Verfahrens persönlich beantragen (UNHCR a. a. O., S. 20). Die Einstellung des Verfahrens mit der Begründung, dass es nicht weiter verfolgt werde, findet regelmäßig dann statt, wenn der Asylbewerber das Land verlassen hat (aida a.a.O., S. 30). Sobald die Frist abgelaufen ist – wie hier beim Kläger – muss die betreffende Person einen neuen Asylantrag stellen, der als Folgeantrag behandelt wird. In diesem Fall wird ungeachtet der Tatsache, dass der vorherige Antrag nicht entschieden wurde, und ungeachtet von Art. 18 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO der Folgeantrag als unzulässig zurückgewiesen, wenn er keine neuen Tatsachen enthält, die die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus oder eines subsidiären Schutzstatus rechtfertigen (UNHCR a. a. O., S. 20; aida a. a. O., S. 30). Soweit vom Liasonmitarbeiter der Beklagten beim Ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft in einem Lagebericht unter dem 13. Januar 2016 festgehalten wurde, dass dies nicht bedeute, dass kein Flüchtlingsschutz mehr gewährt werden
könne und nach aida (a. a. O., S. 49) die restriktive und willkürliche Interpretation des Tatbestandsmerkmals neue Tatsachen durch die ungarischen Asylbehörde kein
übermäßiges Problem darstelle, weil die meisten Asylbewerber mit neuen Beweismitteln oder Informationen über ihre Verwandten oder ihr Heimatland eine Sachprüfung erreichen können, verbleibt nach der Auffassung des Senats unter
maßgeblicher Berücksichtigung der Ausführungen des UNHCR (zur besonderen Relevanz der vom UNHCR herausgegebenen Dokumente: EuGH, Urt. v. 30. Mai 2013 – C-528/11 -, juris Rn. 44) das ernsthafte Risiko, dass der Antrag des Klägers ohne Sachprüfung erledigt und die Rückführung ins Heimatland betrieben wird.

2.2.2.2. Darüber hinaus ist nach der Überzeugung des Senats nach einer Überstellung des Klägers nach Ungarn mit seiner Unterbringung in einer der beiden Transitzonen an der serbischen Grenze zu rechnen, aus welcher er sich nicht – außer in Richtung Serbien – entfernen kann. Der Senat folgt insoweit
der Wertung des Menschenrechtskommissars des Europarates (FAZ vom 7. April 2017 a. a. O.) des UNHCR (www.unhcr.de vom 10. April 2017 UNHCR: Dublin-Überstellungen nach
Ungarn aussetzen) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urt. v. 14. März 2017 a. a. O., Tz. 56), dass es sich bei der Unterbringung im Transitzentrum um einen faktischen Freiheitsentzug handelt, wobei sich eine mögliche Rechtswidrigkeit vorrangig unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Rechts auf Freiheit aus Art. 6 EUGrCh/Art. 5 EMRK (vgl. EGMR, Urt. v. 14. März 2017 a. a. O., Tz. 69) und nicht aus einer im Rahmen des Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO relevanten entwürdigenden Behandlung nach Art. 4 EUGrCh/Art. 3 EMRK ergeben dürfte.

Mit der Unterbringung im Transitzentrum geht zudem die unmittelbare Gefahr der Abschiebung nach Serbien einher, zumal der Kläger eigenen Angaben zufolge über Serbien nach Ungarn eingereist ist. Eine solche Abschiebung nach Serbien würde einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK/Art. 4 EUGrCh darstellen. Art. 3 EMRK begründet eine Verpflichtung, eine Person nicht in ein Land zu abzuschieben, wenn wesentliche
Gründe dafür vorliegen, dass die betreffende Person, wenn sie abgeschoben wurde, unmittelbar oder mittelbar einem ernsthaften Risiko einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung im Bestimmungsland ausgesetzt sein würde (EGMR, Urt. v. 14. März 2017 a. a. O., Tz. 112 f.). Ein solches ernsthaftes Risiko würde bei einer Abschiebung des Klägers nach Serbien eintreten, da Serbien seinerseits auch kein
Asylverfahren aufweist, das eine inhaltliche Prüfung der Fluchtgründe garantiert. Als sichere Drittstaaten können solche Staaten anerkannt werden, in denen die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK eingehalten werden und ein ordnungsgemäßes Asylverfahren gesetzlich gewährleistet ist (vgl. Art. 39 Abs. 2 RL 2013/32/EU [Abl. 2013, L 180/60]). Diesen Anforderungen genügt Serbien
nicht. Der UNHCR empfiehlt seit 2012, Serbien wegen grundlegender Mängel des Asylsystems nicht als sicheren Drittstaat einzustufen und Asylbewerber nicht dorthin
abzuschieben; diese Bewertung des serbischen Asylsystems als mangelhaft wird auch von der Europäischen Kommission geteilt (NdsOVG Urt. v. 15. November 2016 a. a. O., Rn. 55 m. w. N.; EGMR, Urt. v. 14. März 2017 a. a. O., Tz. 120). Zudem
sieht Serbien seinerseits u.a. Griechenland, Mazedonien und die Türkei als sichere Drittstatten an. Die Türkei – über die der Kläger gereist ist – wendet die Genfer Flüchtlingskonvention nur auf europäische Flüchtlinge an (vgl. VGH BW Urt. v. 13. Oktober 2016 a .a. O., Rn. 43), zu denen der Kläger nicht gehört.

Zwar nimmt Serbien seit September 2015 keine Drittstaatsangehörigen zurück, es sei denn, sie haben gültige Reise- bzw. Identitätspapiere und sind von der serbischen
Visumpflicht ausgenommen (UNHCR, Ungarn als Asylland, S. 19). Daher wurden auf 3.006 Übernahmeersuchen Ungarns aus der ersten Jahreshälfte 2016 für nur 114 Personen die Zustimmung Serbiens erteilt. Diese betrafen mit Ausnahme von sieben Personen auch nur Staatsangehörige südosteuropäischer Staaten und der Türkei (UNHCR vom 9. September 2016, Die Situation von Asylsuchenden nach einer
Rücküberstellung nach Ungarn gemäß der Dublin-Verordnung, S. 1). Aus den Transitzonen heraus erfolgt aber keine Überstellung unter dem Rücknahmeabkommen mit Serbien. Vielmehr werden die abgelehnten Asylbewerber ohne Beteiligung der serbischen Behörden auf die Außenseite der Transitzone zurückgeleitet (UNHCR vom 9. September 2016 a. a. O.). Auch wenn sich dort noch ein schmaler Streifen
ungarisches Territorium – Niemandsland nach Auffassung der ungarischen Behörden – befindet (aida a. a. O. S. 16; bordermonitoring.eu/Pro Asyl e.V. a. a. O., S. 22),
handelt es sich in der Sache, auch aus Sicht der ungarischen Regierung, um eine Abschiebung nach Serbien (UNHCR vom 9. September 2016 a. a. O.; FAZ v. 7. April 2017 a. a. O.).

Es gibt keinen Anlass für die Annahme, Ungarn werde in Bezug auf den Kläger oder sonstige Personen, die nach der Dublin III-VO überstellt werden, von dieser aktischen Abschiebungspraxis
abweichen. Vielmehr hat Ungarn zwischenzeitlich die
Aussetzung von Drittstaatsangehörigen auf der Außenseite des Grenzzaunes zu Serbien fest etabliert. So trat im Juli 2016 ein Gesetz in Kraft, nach der alle Ausländer, die innerhalb eines Streifens von 8 Km zum Grenzzaun aufgegriffen werden und sich illegal in Ungarn aufhalten, auf die Außenseite des Zaunes gebracht werden, ohne dass ihre Daten aufgenommen werden oder sie einen Asylantrag anbringen können (aida,
a. a. O. S. 17 f.). Allein im Zeitraum Januar 2017 bis März 2017 wurden auf diese Weise 2.823 Personen auf das Gelände außerhalb des Zaunes hinausgeleitet (Hungarian Helsinki Committee [HHC] Hungary: Key Asylum Figures as of 1 April
2017). Bereits hinsichtlich der Umsetzung dieses Gesetzes wurde nicht nur von Gewaltanwendung gegenüber aufgegriffenen Personen berichtet (FAZ vom 14. Juli
2016, Vorwürfe wegen Misshandlungen; FAZ vom 26. Juli 2016, Geburt eines Lagers; FR vom 28. September 2016, Amnesty: Ungarn misshandelt Flüchtlinge; Die Tageszeitung
vom 2. August 2016, Gestandet im Niemandsland), sondern auch davon, dass Personen, die weiter als 8 Km von der Grenze entfernt aufgegriffen wurden, trotzdem auf die Außenseite des Zauns verbracht wurden (ai a. a. O., S. 20). Mit der Gesetzesänderung zum 28. März 2017 wurde diese Vorgehensweise nunmehr nach ungarischem Recht
legalisiert. Danach kann jeder Ausländer, der sich irregulär in Ungarn aufhält und unabhängig davon, ob er über die ungarisch-serbische Grenze eingereist ist, auf die Außenseite des Grenzzaunes zu Serbien verbracht werden (ecre, Asylum in Hungary: Damaged beyond repair?, März 2017, S. 5; Abschnitt 7 des von der Beklagten in englischer Sprache überreichten Gesetzestextes).

Soweit der Liasonmitarbeiter der Beklagten – wie von der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung festgehalten – im Lagebericht vom 13. Januar 2016 eine
geringe Gefahr der Abschiebung nach Serbien für Dublin-Rückkehrer beschrieben hatte, erfolgte dies vor den ungarischen Gesetzesänderungen vom Juli 2016 und vom
März 2017. Die Angaben haben daher keine Aussagekraft mehr für die derzeitige Situation in der die Abschiebungen
nicht unter Inanspruchnahme eines Rücknahmeabkommens, sondern faktisch aus den Transitzonen heraus erfolgen. Auch
in der mündlichen Verhandlung konnte die Beklage von keinen Erfahrungen dahingehend berichten, dass Dublin-Rückkehrern in den Transitzonen eine andere Behandlung widerfährt, als anderen Asylantragstellern. Dies gilt umso mehr, als die
Beklagte nach der jüngsten Gesetzesänderung und dem Aufruf des UNHCR, dieDublin-Rückführungen auszusetzen (www.unhcr.de vom 10. April 2017 a. a. O.) keine Überstellungen nach Ungarn mehr vorgenommen hat (vgl. HHC, Key Asylum Figures as of 1 April 2017 und of 1 May 2017).

Bundesverwaltungsgericht Schweiz / D-7853/2015 / Ungarn

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Das Bundesverwaltungsgericht hat sich im Urteil D-7853/2015 1 vom 31. Mai 2017 mit Beschwerden gegen Nichteintretensverfügungen befasst, die eine Überstellung nach Ungarn beinhalten. Angesichts der bedeutenden Änderungen sowohl der rechtlichen als auch der tatsächlichen Umstände, die seit Sommer 2015 in Ungarn eingetreten sind, kommt das Gericht zum Schluss, dass die Beschwerden gutzuheissen und die Verfahren zur Ergänzung der Instruktion und zum Neuentscheid an das Staatssekretariat für Migration zurückzuweisen sind.

Ungarn war 2015 und anfangs 2016 mit einem bedeutenden Strom von Migranten konfrontiert und hat nach und nach Massnahmen getroffen, um die Zahl der Asylsuchenden auf seinem Staatsgebiet zu reduzieren. Die Errichtung eines Stacheldrahtzaunes an der ungarischen Grenze, die Schaffung von Unterkunftszentren in Transitzonen, der Einsatz der Armee zur Überwachung der Grenzen und die ab Juni 2015 durchgeführten Gesetzesänderungen haben den Zugang zum Asylverfahren zunehmend erschwert und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende verschlechtert.

Weiter erschwert wurden der Zugang zum Asylverfahren und die Aufnahme der Asylsuchenden in Ungarn insbesondere durch den ungarischen Rechtsakt T/13976 über „die Änderung mehrerer Gesetze zur Verschärfung des Asylverfahrens in der Überwachungszone der ungarischen Grenze“, der am 28. März 2017 rückwirkend in Kraft getreten ist. Gemäss diesen neuen Bestimmungen sollen Asylsuchende insbesondere entweder in geschlossenen Zentren in den Transitzonen der serbisch-ungarischen Grenze untergebracht oder in sogenannte „Prätransit“-Zonen in Serbien abgeschoben werden. Für Asylsuchende, die in Anwendung der Dublin-III-Verordnung nach Ungarn überstellt werden, ist nach wie vor völlig ungewiss, welches Regime gemäss dem erwähnten ungarischen Rechtsakt auf sie anwendbar sein wird.

Angesichts der zahlreichen Unsicherheiten, die diese neue Gesetzesänderung hinsichtlich des Verfahrenszugangs und der Aufnahmebedingungen mit sich gebracht hat, ist es dem Bundesverwaltungsgericht im derzeitigen Stand der Sache nicht möglich, die Fragen im Zusammenhang mit dem Vorliegen systemischer Schwachstellen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 der Dublin-III-Verordnung und der tatsächlichen Gefahren („real risk“), denen Asylsuchende bei einer Überstellung nach Ungarn ausgesetzt sein können, abschliessend zu beurteilen. Folglich hebt es die angefochtene Verfügung auf und weist die Sache zu neuem Entscheid an das Staatssekretariat für Migration zurück. Es obliegt der erstinstanzlichen Behörde, alle Tatsachenelemente zusammenzutragen, die zur Beurteilung der wesentlichen Fragen erforderlich sind und es ist nicht die Aufgabe der Beschwerdeinstanz, komplexe ergänzende Abklärungen vorzunehmen. Das Bundesverwaltungsgericht würde sonst mit einem Sachentscheid seine Zuständigkeit überschreiten und die betroffene Partei um den gesetzlich vorgesehenen Instanzenzug bringen.

Das Urteil ist endgültig und kann nicht beim Bundesgericht angefochten werden.

VG MÜNCHEN / AZ.: M 24 S 17.33578 / UNGARN

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3.2.2. Allerdings geht das Gericht – anders als der sgB – davon aus, dass einer Abschiebung nach Ungarn derzeit die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG entgegenstehen würden.

3.2.2.1. Ein solches nationales Abschiebungsverbot ergibt sich schon daraus, dass der ASt. (nicht anders als seine Familie) bei einer Rückkehr nach Ungarn obdachlos und ohne medizinische Versorgung wäre, dergestalt dass seine Verelendung zu befürchten stünde. Der Einzelrichter schließt sich insoweit folgenden Ausführungen im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 15. November 2016 an (OVG Lüneburg, U. v. 15.11.2016 – 8 LB 92/15 infAuslR 2017, 81 juris Rn. 62):

62 Durch mehrere Gesetzesänderungen zum 1. April 2016 und 1. Juni 2016 besteht selbst für Flüchtlinge, die in Ungarn einen Schutzstatus erhalten, die Gefahr der abschließenden Verelendung und Obdachlosigkeit (vgl. BM-PA 2016, S. 23M Hungarian Helsinki Committee, Hungary: Recent legal amendments further destroy access to protection, April – June 2016; UNHCR 2016/I, S. 7; vgl. zur bereits bevor bestehenden defizitären Situation: UNHCR, Stellungnahme an das VG Freiburg vom 30.9.2014, S. 6). So sind die zeitlich begrenzte finanzielle Unterstützung anerkannter Flüchtlinge im Rahmen von sog. „Integrationsverträgen“ ebenso wie das frei zur Verfügung stehende monatliche Taschengeld für Asylbewerber in Höhe von 24 EURO sowie die finanzielle Bildungsunterstützung  für minderjährige Flüchtlinge ersatzlos gestrichen worden. Der zulässige Verbleib von Flüchtlingen in offenen Asyleinrichtungen nach ihrer Anerkennung wurde von 60 auf 30 Tage und der Zugang zu einer Basisgesundheitsversorgung von einem Jahr auf sechs Monate reduziert. (…)

3.2.2.2. Für das Bestehen eines nationalen Abschiebungsverbots, das – wie gezeigt – schon wegen der im Falle einer Rückführung nach Ungarn drohenden Obdachlosigkeit und Verelendung – anzunehmen ist, spricht im Fall des ASt. auch die im vorläufigen Arztbrief des Klinikums Penzberg vom 28. Februar 2014 (BI 55-57 d.A.) nach einem Suizidversuch diagnostizierte Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sowie die Psychiatrisch Psychotherapeutischen Attest vom 13. März 2014 beschriebene psychische Situation des ASt. Der Einzelrichter schließt sich insoweit folgenden Ausführungen aus dem Urteil des VG München vom 17. Februar 2017 an (VG München, U.v. 17.2.2017 – M 17 K 16.34416 – juris Rn. 22-24):

22 a) Zwar genießen Asylsuchende, anerkannte Flüchtlinge und unter subsidiärem Schutz Stehende in Ungarn grundsätzlich freie Gesundheitsführsorge, Rehabilitation, psychische Behandlung und Psychotherapie und zwar im gleichen Maße wie ungarische Staatsangehörige, soweit der Bedarf von einem Mediziner festgestellt wird. In den offenen und geschlossenen Aufnahmeeinrichtungen wird die ärztliche Grundversorgung durch Ärzte und Medikamente sichergestellt. In schwerwiegenden Fällen, in denen die Behandlung vor Ort nicht ausreichend ist, kann die Zuweisung in die Allgemein- oder Spezialeinrichtungen des ungarischen Gesundheitssystems durch den behandelnden Arzt erfolgen, wenn er dies aus medizinischen Gründen für notwendig erachtet. Die Kosten der Behandlung tragen in diesen Fällen der ungarische Staat bzw. seine Gesundheitseinrichtungen. In einigen Aufnahmeeinrichtungen wird zudem psychologische Betreuung durch Spezialisten und Psychologen der Cordelia Stiftung gewährt […].

23 b) Das Gericht ist aber davon überzeugt, dass es den Klägern in ihrer besonderen Situation faktisch nicht gelingen wird, in Ungarn Arbeit, Wohnraum und/oder medizinische Behandlung erhalten. Die Kläger, die mittellos sind, haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar geschildert, dass sie in Ungarn keinerlei staatliche Unterstützung erhalten haben und ihnen niemand Wohnraum zur Verfügung stellen bzw. Arbeit geben wollte. Bestätigt wird diese Schilderung durch den Umstand, dass Ungarn durch Gesetzesänderungen vom 1. April 2016 und 1. Juni 2016 sämtliche Unterstützungsleistungen für anerkannte Asylbewerber, Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte eingestellt hat […]. Laut Helsinki Komitee […] drohen diesen damit Obdachlosigkeit und Verelendung. Die Mieten in Ungarn seien für den genannten Personenkreis zu hoch und Vermieter überließen ihren Wohnraum lieber an Ungarn. Entsprechendes gelte für Arbeitgeber, zumal die ungarische Sprache insoweit ein großes Hindernis für eine Anstellung sei […].

24 Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Kläger Arbeit und eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt finden können, zumal sie in Ungarn über keine finanzielle Unterstützung durch Angehörige oder Freunde verfügen […]. Den Klägern zu 1. und 2. und ihren drei kleinen Kindern (2 1/2, 5 und 6 Jahre alt) ist es nicht zumutbar, auf der Straße zu leben. Zudem ist der Erhalt einer Gesundheitskarte in Ungarn von einer Adresskarte abhängig, die in der Praxis, insbesondere bei Betroffenen ohne festen Wohnsitz, mit vielen, allenfalls erschwert überwindbaren Hürden verbunden ist […]. Nach den vorliegenden Attesten wird sich aber der psychische und physische Gesundheitszustand der Klägerin zu 2. ohne die erforderliche Behandlung alsbald signifikant verschlechtern und es drohen schwerwiegende Erkrankungen wie Schlaganfall, Herzinfarkt und irreversible Schäden am Herz-Kreislaufsystem. Damit ist aber eine erhebliche und konkrete Gefahr im Sinne der o.g. Rechtsprechung und damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG zu bejahen.

3.3. Vor diesem Hintergrund ist die a.W. hinsichtlich der Abschiebungsandrohung des sgB schon wegen des nationalen Verbots einer Abschiebung nach Ungarn im Hinblick auf § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m § 35 AsylG i.V.m § 60 Abs. 5, 7 AufebthG anzuordnen.